Hauptredner der Landesversammlung 2024 des Bayernbunds in Ettal war Dr. Matthias Belafi, seit März 2023 Leiter des Katholischen Büros Bayern. Für alle, denen diese Einrichtung nicht vertraut ist: Das Katholische Büro Bayern wurde am 1. Juni 1993 in München eingerichtet. Es hat die Funktion einer Kontaktstelle zur Bayerischen Staatsregierung, zum Landtag, den kommunalen Spitzenverbänden, den Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften, den Repräsentanten der Gerichtsbarkeit, zu Landesbehörden und überregionalen Körperschaften sowie zu Verbänden und zu Organen der öffentlichen Meinungsbildung. Es behandelt grundsätzliche Fragestellungen landesweiter Art, die über die Belange eines einzelnen Bistums hinausgehen.

Dr. Belafi ist kein Priester. Es gehört aber zu seinen Aufgaben, Aufträge der Freisinger Bischofskonferenz und ihres Vorsitzenden, Reinhard Kardinal Marx umzusetzen.

Die katholische Kirche steht vor vielfältigen Herausforderungen. Dazu gehören insbesondere eine abnehmende religiöse Bindung und eine zunehmende Zahl von Kirchenaustritten. Auch der demografische Wandel hat Auswirkungen mit einer älter werdenden Bevölkerung und einem geringeren Interesse jüngerer Menschen an kirchlichen Fragen.

2022/23 waren noch rund 45 Prozent der Bevölkerung Bayerns katholisch und knapp über 16 Prozent evangelisch. In den Ballungsräumen ist diese Tendenz noch stärker: In München waren zur gleichen Zeit noch 26 Prozent der Menschen katholisch und neun Prozent evangelisch, 65 Prozent aber konfessionslos.

Neben der Frage der theologischen Bindung stellt dies aber die Kirchen auch vor große finanzielle Herausforderungen und die Frage, wie zukünftig auch Kindergärten, Schulen, Akademien, Krankenhäuser, Altenheime oder auch die Schwangerschaftsberatung noch erhalten werden kann.

Die abnehmende Bindungskraft der Kirchen führt aktuell auch noch zu anderen Diskussionen. Zur Frage der Ablösung der staatlichen Leistungen für die Kirchen haben sich die Ministerpräsidenten erklärt, dieses Thema nicht weiter verfolgen zu wollen. Aber auch das Kirchenasyl kommt zunehmend unter Druck und Diskussionen über das Lebensrecht flammen erneut auf.

Positiv ist in jedem Fall das Festhalten am freiheitlichen Verhältnis von Staat und Kirche. Beide Seiten haben die Möglichkeit, auf einzelnen Feldern zusammenzuarbeiten.

Das Bayerische Konkordat von 1924 jährt sich in diesen Tagen zum 100. Mal. Da das bisherige Konkordat von 1817 stark auf den König zugeschnitten war, machte die Revolution von 1918 eine Neuregelung des Verhältnisses von katholischer Kirche und Staat in Bayern nötig. Das Konkordat von 1924/25 räumte der Kirche große Rechte ein (Ende staatlicher Besetzung kirchlicher Stellen, kirchliche Mitwirkungsrechtsrechte bei der Ernennung von Professoren, Bestandsgarantie für theologische Fakultäten, konfessionelle Lehrerbildung, Konfessionsschulen und Religionsunterricht). Der Freistaat Bayern verpflichtete sich ferner zu finanziellen Leistungen an die Kirche, größtenteils auf Basis der älteren Regelungen von 1817. (Quelle: Historisches Lexikon Bayerns) Das freiheitliche Verhältnis von Staat und Kirche muss aber für alle Kirchen gelten.

Christen werden in der Gesellschaft gebraucht. Christ sein heißt auch, politisch zu sein. Die Freisinger Bischofskonferenz hat vor dem Erstarken der extremen politischen Rechten und dem Antisemitismus gewarnt.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Bayerische Verfassung erlegen uns Verantwortung auf und fordern eine Abgrenzung von einer Gesellschaft ohne Gott.

In wieweit das Christentum für die Menschen in Bayern (noch) Relevanz hat, muss jeder von uns für sich selbst entscheiden.

 

Landesversammlung 2024

Landesvorsitzender Sebastian Friesinger konnte zur Landesversammlung mehrere Ehrengäste begrüßen.

 

 

Der Landrat des Landkreises Garmisch-Partenkirchen Anton Speer und Ettals Bürgermeisterin Vanessa Voit stellten in ihren Grußworten die Vorzüge aber auch die Probleme ihrer Gebietskörperschaften vor.

Der Vorsitzende des Bayernbund-Kreisverbands Weilheim-Schongau/Garmisch-Partenkirchen Dr. Leopold Hahn ging auf die Gründung des Klosters Ettal und seine Bedeutung in der bayerischen Geschichte ein.

Vom Verband Bayerischer Amateurtheater war Präsident Sepp Käser gekommen.

Das Gedenken an die seit der letzten Landesversammlung verstorbenen Mitglieder stand unter dem Eindruck des Todes von Präsident Florian Besold (Bayerische Einigung/Bayerische Volksstiftung) und ganz besonders des Ehrenvorsitzenden des Bayernbunds Adolf Dinglreiter, MdL a.D. und des amtierenden stellvertretenden Landesvorsitzenden, des Ehrenlandesschützenmeisters Wolfgang Kink, die von Sebastian Friesinger ausführlich gewürdigt wurden.

Routine waren dann der Finanzbericht, der Bericht der Kassenprüfer und die Entlastung des Landesvorstands.

 

Ehrungen für besonders verdiente Mitglieder

In einer ausführlichen Laudatio würdigte Landesvorsitzender Sebastian Friesinger den leitenden Redakteur der Weiß-Blauen Rundschau Fritz Lutzenberger und den Leitenden Redakteur der Samerberger Nachrichten Anton Hötzelsperger. Beide engagieren sich in besonderer Weise für die Ziele des Bayernbunds, die Bewahrung bayerischer Kultur, Tradition und des Brauchtums und haben sich damit große Verdienste erworben.

Mit Zustimmung der Landesversammlung hat der Landesvorsitzende beim Protektor des Bayernbunds Herzog Franz von Bayern beantragt, beiden Persönlichkeiten das Protektorabzeichen in Gold zu verleihen. Diesem Anliegen hat der Herzog gerne entsprochen. Landesvorsitzender Sebastian Friesinger hat die hohe Auszeichnung im Rahmen der Landesversammlung gerne an Anton Hötzelsperger und Fritz Lutzenberger übergeben.

Zum Abschluss der Landesversammlung trug die Vorsitzende des Bayernbund-Kreisverbands Holledau ihr Gedanken zum Heimatgefühl vor. (Fritz Lutzenberger)

#Bayernbund #Landesversammlung2024 #Ettal #Friesinger #LandkreisGramisch-Partenkirchen #LandratSpeer #ProtektorabzeichenHerzogFranzvonBayern

Viele Ehrengäste und Wegfährten waren gekommen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Die Staatsregierung wurde vertreten durch den Staatsminister des Innern, für Sport und Migration Joachim Herrmann, MdL, und den Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Hubert Aiwanger, MdL.

Für das Haus Wittelsbach waren S.K.H. Herzog Franz von Bayern und S.K.H. Prinz Ludwig von Bayern gekommen.

Mit einem Auszug aus der Bergpredigt über die Seligkeit wurde der verstorbene Ehrenlandesschützenmeister und stellvertretende Landesvorsitzende des Bayernbunds Wolfgang Kink beim Requiem in St. Paul in München äußerst zutreffend charakterisiert.

Wolfgang Kink war ein, wie man heute sagt, „ausgezeichneter Networker“, er machte Karriere bei der Polizei bis zum Kriminalhauptkommissar und er liebte seine Vereine. Jetzt ist sein Leben zu Ende gegangen und die Familie konnte noch gemeinsam von ihm Abschied nehmen. Er wird jetzt wohl, wie Pfarrvikar Jaime Pasqual Hannig mit einem leichten Schmunzeln bemerkte, einen neuen Verein gründen: die Münchner im Himmel. Schön war, dass die Familie in die Gestaltung des Requiems eingebunden war. Die Enkelkinder übernahmen die Lesung.

Innenminister Joachim Herrmann würdigte den Verstorbenen als engagierten Polizeibeamten, der der Polizei 41 Jahre zugetan war. Über seine beruflichen Ausgaben hinaus hat Wolfgang Kink auch viele ehrenamtlichen Aufgaben übernommen im Schützenwesen, der Wasserwacht Bernau, aber auch bei der Bürgerallianz Bayern und dem Bayernbund: „wir zollen ihm höchsten Respekt, er war großartig, herzlich, konnte aber auch hartnäckig sein. Ein bayerischer Original.“ Für seinen unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz wurde Wolfgang Kink unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.

Der erste Landesschützenmeister des Bundes Bayerischer Sportschützen, Christian Kühn bezeichnete Wolfgang Kink als einen verbindenden Brückenbauer zwischen dem Schießsport, der Gesellschaft und der Politik. In Abstimmung mit der Familie sprach der Landesschützenmeister auch für den Bayernbund. Er hob besonders heraus, dass sich Wolfgang Kink über 50 Jahre in vielen Funktionen in Bayern und im Bund um das Schützenwesen verdient gemacht hat. Außerdem war er Gründungsmitglied der Bürgerallianz Bayern.

Stefan Rotter von der Wasserwacht Bernau am Chiemsee erinnerte an die zahllosen ehrenamtlichen Stunden, in denen Wolfgang Kink Schwimmunterricht gegeben hat. „Kein Kind sollte von der Schule abgehen, ohne Schwimmen zu können.“

Im Gespräch schilderte der Landesvorsitzende des Bayernbunds, Sebastian Friesinger, MdL, den Verstorbenen als äußerst hilfsbereiten Menschen, sehr erfahren in Organisationsangelegenheiten und ein stetes Vorbild. Noch wenige Wochen vor seinem Tod lud Wolfgang Kink den Medienrat des Bayernbunds zu einer wichtigen Sitzung in seine Privatwohnung ein. Bei allen Besuchen hatte er nie über seine Krankheit geklagt. Ruhe in Frieden. (Fritz Lutzenberger)

Nachruf auf Wolfgang Kink

Am 14. Mai 2024 verstarb der stellvertretende Landesvorsitzende des Bayernbunds, Herr Wolfgang Kink, im Alter von 76 Jahren nach langer schwerer Krankheit in München. Er hinterlässt er eine tiefe Lücke in unserer Gemeinschaft.

Wolfgang Kink war nicht nur ein engagiertes Mitglied des Landesvorstands, sondern auch ein geschätzter Mensch. Als Ehrenlandesschützenmeister des Bayerischen Sportschützenbunds (BSSB) setzte er sich unermüdlich für den Schießsport und die Traditionspflege ein. Seine Leidenschaft und sein Einsatz werden uns fehlen.

Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt seiner Ehefrau Christine sowie seinen Kindern und Enkeln. Wir werden Wolfgang Kink in dankbarer Erinnerung behalten.

Das Requiem für Wolfgang Kink findet am Donnerstag, den 23. Mai 2024, um 11:00 Uhr in der St. Paulskirche (St.-Pauls-Platz 11, 80336 München) statt.

Möge er in Frieden ruhen. 🕊️

Das Bild zeigt Wolfgang Kink beim Neujahrsempfang des Bayerischen Ministerpräsidenten am 12.Januar 2024 in der Münchner Residenz.

#Bayernbund #Wolfgangkink

„Die Familie Dinglreiter, die Stadt Rosenheim und das Land Bayern haben mit dem überraschenden Tod von Adolf Dinglreiter einen kostbaren Menschen verloren, der viele Spuren hinterlassen hat“ – mit diesen Worten begann der langjährige Pfarrer von Heilig Blut Benno Biehler in der Klosterkirche von Rosenheim den Auferstehungsgottesdienst für den im Alter von 88 Jahren verstorbenen Adolf Dinglreiter. Unzählige Anliegen von Gruppen und Personen hatte der Verstorbene im Rahmen eines großartigen politischen und ehrenamtlichen Lebenswerkes erfüllt, dafür – so der Geistliche weiter — gebührt Adolf Dinglreiter große Bewunderung und Dankbarkeit.
Wie sehr die vielen Weggefährten Adolf Dinglreiter zu Dank verpflichtet waren zeigten die Nachrufe in der Klosterkirche durch Landtagspräsidentin Ilse Aigner für den Bayerischen Landtag, Oberbürgermeister Andreas März für die Stadt Rosenheim, MdL Daniel Artmann für die Christlich-Soziale Union, Sebastian Friesinger für die Vereine und Verbände sowie Alt-Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer für die Freunde.
„Adolf Dinglreiter war ein großer Fürsprecher Bayerns, dem aus innerster Überzeugung das Leben der Mitmenschen und das Gemeinwohl wichtig waren. Für mich war er seit meiner ersten politischen Kandidatur im Jahr 1994 für den Bayerischen Landtag ein echtes Vorbild, das in 17 Jahren als Mitglied des Landtags für Weitblick, Wachstum und Wohlstand sorgte“ – so Ilse Aigner.
Oberbürgermeister Andreas März fügte -auch im Namen von Landrat Otto Lederer – hinzu: „Auch wenn Adolf Dinglreiter ein gebürtiger Niederbayer war, so war er doch ein echter Sohn der Stadt Rosenheim, für die er als profilierter Verkehrs- und Wirtschaftspolitiker wichtige Weichenstellungen vornahm“. Der Oberbürgermeister erinnerte aber auch daran, dass Dinglreiter fast ein Vierteljahrhundert Verwaltungsrat der Sparkasse war, dass er der Hochschule zu einem internationalen Ruf verhalf und dass er innerhalb seiner 40jährigen Mitgliedschaft beim TSV 1860 Rosenheim 25 Jahre als dessen Vorsitzender bei Höhen und Tiefen eine prägende Führungskraft war.
Für den jungen Landtagsabgeordneten Daniel Artmann und seinen Vorgänger Klaus Stöttner war Adolf Dinglreiter ein motivierender und väterlicher Freund, der 18 Jahre Kreisvorsitzender der CSU und auch 10 Jahre deren Landesschatzmeister war. Artmann ergänzte, dass es Adolf Dinglreiter verstand, junge Talente zu fördern, Frauen für die Politik zu gewinnen und rechtzeitig Nachfolger für seine verschiedenen Ämter zu finden.
Ehrenvorsitzender des Bayernbundes und Mitbegründer der Bürgerallianz Bayern
Landtagsabgeordneter Sebastian Friesinger erinnerte nicht nur als Landesvorsitzender des Bayernbundes daran, dass er diesen bis zur Ernennung zum Ehrenvorsitzenden im Jahr 2017 ganze 25 Jahre als Vorsitzender führte und dass er mithalf, den Kreisverband Rosenheim zum stärksten Kreisverband in Bayern aufzubauen. „Adolf war in seiner Liebe zu Bayern bereit, mehr zu tun als es seine Pflicht war, er war vielfacher Herausgeber von Schriften und er war 2010 Mitbegründer der Bürgerallianz Bayern“ – so der nunmehrige Sprecher der Bürgerallianz, dem zahlreiche Verbände angehören. Unter anderem waren auch der Bayerische Trachtenverband mit seinem Vorsitzenden Günter Frey und mit seinem Ehrenvorsitzenden Max Bertl bei der Trauerfeier zugegen.
Von einem enormen Lebenswerk und von vielen Erinnerungen, die weiter in die Zukunft strahlen werden, sprach Alt-Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer. In verschiedenen Aufgaben war sie Partner und Weggefährtin von Adolf Dinglreiter, den sie nicht nur in seiner langen Zeit als Stadtrat kennen und schätzen lernte. Ihr besonderer Dank galt Käthe Dinglreiter, die in fast 65 Jahren als Ehefrau zusammen mit ihren drei Kindern und den Enkelkindern das oftmals auswärtige Engagement von Adolf Dinglreiter stark unterstützte.
Die Trauerfeier in der Klosterkirche wurde vom Kirchenchor St. Nikolaus und von den Inntaler Sängern musikalisch gestaltet, auf dem Friedhof führte die Blaskapelle „Am Wasn“ den Trauerzug an. Neben den Standarten des Bayernbundes und des Bayerischen Trachtenverbandes waren weitere Fahnenabordnungen sowie die Rosenheimer Gebirgsschützen zugegen, diese gaben mit einem dreifachen Ehrensalut im Friedhof dem Verstorbenen noch ein besonders lautstarkes Geleit.
Unter den zahlreichen Trauergästen befanden sich mit Christa Stevens und Wolfgang Heubisch zwei ehemalige bayerische Kabinettsmitglieder, desweiteren die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Walter Schlosser, die ehemaligen Landtagsabgeordneten Sepp Ranner, Jakob Kreidl, Marianne Deml, Ingrid Fickler und Klaus Stöttner sowie zahlreiche Repräsentanten aus Wirtschaft, Landwirtschaft, Kultur und Verkehr. (
Anton Hötzelsperger, Fotos Rainer Nitzsche)

Sebastian Friesinger, MdL, Landesvorsitzender es Bayernbunds

Am 12. April 2024 verstarb unser Ehrenvorsitzender des Bayernbundes und Landesvorsitzender a.D. Adolf Dinglreiter. Als ich 1996 in den Rosenheimer Kreistag gewählt wurde, durfte ich bei den Rosenheimer Veranstaltungen schnell den Landtagsabgeordneten Adolf Dinglreiter kennenlernen. Dieser wurde in den weiteren Jahren stets ein intensiver Begleiter und es folgten viele Gespräche mit ihm über Politik, das Ehrenamt und damit über das Wirken und den Einsatz im sogenannten „vorpolitischen Raum“ Da ich seit 1996 mit dem Antrag zur Dorferneuerung in meiner Heimatgemeinde, dies aktiv betreibe (bis heute) bat Adolf mich 2001, in den Bayernbund einzutreten und ihn bei einem Projekt zu unterstützen. Es folgte danach die aktive Mitarbeit als Referent beim Bayernbundprojekt „Zukunft unserer Dörfer“ und dies setzte sich so bis zum Jahre 2016 fort, in welchem Adolf mich mit der Frage überraschte, ob ich mir seine Nachfolge als Landesvorsitzender vorstellen könnte. Er war durch sein hartnäckiges und nachhaltiges Wirken auch hier, wie bei allen seinen Tätigkeiten erfolgreich. Da ich seinen politischen Einsatz sehr schätzte und dazu sein ehrenamtliches Handeln über Jahrzehnte für mich Vorbild war, begannen wir diese gemeinsame Arbeit 2017.

2018 war unser Ehrenvorsitzender Hauptreferent beim Auftakt des Bayernbunds im Projekt „Heimat an der Grundschule“ in der Hanns Seidel Stiftung in München und auch in den Folgejahren bei allen weiteren Gesprächen im Kultusministerium gerne mit dabei. Leider wurde durch die Pandemie dieses Projekt, das ihm so am Herzen lag, zeitlich um Jahre verschoben. Wir werden es aber in seinem Sinne und vor allem für unsere Jugend fortführen und weiter betreiben.

Bis zuletzt arbeitete Adolf im Medien- und Redaktionsrat mit, soweit es seine Gesundheit ermöglichte. Er war 25 Jahre Landesvorsitzender und ist über den von ihm angeregten Spendenaufruf „statt Blumen…“ sogar über seinen Tod hinaus für den Bayernbund aktiv.

Der Bayernbund, der Landesvorstand, der Medienrat, der Redaktionsrat, der Landesbeirat sowie alle seine Mitglieder bedanken sich und verneigen sich vor dieser Lebensleistung.

Lieber Adolf, Ruhe in Frieden

 

S.K.H. Herzog Franz von Bayern

 Am 12. April 2024 ist Adolf Dinglreiter verstorben. Er war mir lange Jahre ein kenntnisreicher Gesprächspartner zu vielen Belangen Bayerns.  Seine Liebe zu Bayern und zur bayerischen Kultur ging weit über sein politisches Leben hinaus. Ich werde ihn als beeindruckende Persönlichkeit und seine großartigen Leistungen für unser Land in Erinnerung behalten.

 

Ilse Aigner MdL:

Mit Adolf Dinglreiter verliere ich einen langjährigen Wegbegleiter und Freund. Er hat mit bei meinen ersten Schritten im Parlament begleitet und unterstützt. Aber auch lange nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament war er noch immer hoch aktiv in der Vereinigung der Ehemaligen. Er wird uns und mir sehr fehlen.

 

Dr. Edmund Stoiber Ministerpräsident a.D./CSU-Parteilvorsitzender a.D.

Zum Tode von Adolf Dinglreiter – ein persönlicher Nachruf für seinen Bayernbund, dem er so verbunden war.

Für seine Familie und seine Freunde ist unser Adolf so überraschend und schnell vom Herrn abgerufen worden. Ich trauere mit dem Bayernbund e. V. um einen liebenswerten und so starken Menschen, der so viel anderen geholfen hat. Sein Bayernbund war ihm immer auch Ausdruck seines Lebensgefühls und seines bayerischen Lebens. Er war mir seit vielen Jahrzehnten ein enger persönlicher Freund, auf den ich insbesondere im Bayerischen Landtag immer zählen konnte. Als er 1986 in seinem geliebten Rosenheim in den Landtag gewählt worden ist, war er nicht nur ein großer Repräsentant des Wunsches und der Hoffnungen seiner Wählerinnen und Wähler, er war auch in seiner Fraktion und im persönlichen Umgang eine starke Persönlichkeit mit klarer Meinung, die aber nie konfrontativ ausgeufert ist. Uns verband natürlich die Rosenheimer Heimat. Ich bin im Landkreis Rosenheim in Oberaudorf geboren und hab im Ignatz-Günther-Gymnasium in Rosenheim mein Abitur gemacht. Dieses Rosenheimer Lebensgefühl hat uns immer verbunden und auch unsere Freundschaft stark gemacht. Er war mir mit seiner klaren Meinung bei so vielen politischen Fragen ein Ratgeber, den niemand so sehr als Ratgeber kannte. Sein klarer Standpunkt in den Grundsatzfragen der Politik, besonders in der Wirtschafts- und Sozialpolitik und sein großartiges Gefühl für das Stimmungsbild in allen Bevölkerungsschichten war seine große Stärke. Seine feste Verwurzelung in der Heimat, in seinem christlichen Glauben, gab ihm eine Stärke, die in vielen zeitgeistlichen Stimmungslagen Orientierung gab. Ich verneige mich vor diesem Adolf Dinglreiter, der niemals Zweifel an unserer besonderen bayerischen Lebensart aufkommen ließ. „Leben und leben lassen“ – das war sein Motto bei aller Standfestigkeit.

Dr. Theo Waigel: Bundesfinanzminister a.D. / CSU-Parteivorsitzender a.D. 

Der Tod von Adolf Dinglreiter macht mich sehr traurig. Er war mir sowohl politisch als auch persönlich ein echter Freund. Als langjähriger Schatzmeister der CSU hat er mich hervorragend unterstützt. Die CSU verdankt ihm viel.

 

Prof. Dr. Dieter J. Weiß, Mitglied des Bayernbund-Landesvorstands:

Adolf Dinglreiter kann als zweiter Gründer des Bayernbundes gelten. Im Jahr 1992 übernahm der Rosenheimer Landtagsabgeordnete und Wirtschaftspolitiker den Vorsitz von Rudolf Huber, der den Bayerischen Heimat- und Königsbund 1966 in den Bayernbund überführt hatte. Adolf Dinglreiter, ein leidenschaftlicher bayerischer Patriot, setzte einen mutigen Neuanfang, modernisierte die Organisationsstrukturen, die Pressearbeit und erweiterte die Mitgliedszahlen. Adolf Dinglreiter  prägte den Bayernbund ein Vierteljahrhundert lang. Er schärfte sein politisches Profil in zahlreichen Denkschriften, Reden und seinen regelmäßigen Kommentaren in der Weiß-Blauen Rundschau. Um die Diskussion drängender staats- wie gesellschaftspolitischer Probleme auf eine solide Grundlage zu stellen, konzipierte und organisierte er Tagungen zum Föderalismus, zur Entwicklung unserer Dörfer, zum Kulturstaatsauftrag, zum modernen Bayern, zum Heimatbegriff wie zur Bewahrung unserer Kultur. Dabei setzte er sich für die Bewahrung der bayerischen Traditionen ein und gedachte etwa mit einem Festakt im Juni 1995 Jahres auf Herrenchiemsee des 150. Geburtstages der bayerischen Könige Ludwigs II. und Ludwigs III. Das 75. und das 90. Jubiläum des Bayernbundes wurde unter seinem Vorsitz mit Festakten mit hochrangigen Rednern und Gästen begangen. Er selbst war dabei jedesmal Mitherausgeber historisch-politischer Festschriften zur Geschichte und Zukunft des Bayernbundes “In Treue fest”. Dabei war er sich stets bewußt, daß es dem Bayernbund nicht um Bayerntümelei gehen darf, sondern um die Bewahrung der Staatlichkeit und Eigenart eines der ältesten europäischen Staaten. Nach 25 erfolgreichen Jahren als Landesvorsitzender trat Adolf Dinglreiter bei der Landesversammlung 2017 in Kloster Andechs nicht mehr zur Wiederwahl an und wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt.

Adolf Dinglreiter hat sich um Bayern verdient gemacht. Requiescat in pace.

 

Christian Glas, Vorsitzender des Bayernbund-Kreisverbands Rosenheim, Stv. Bayernbund-Landesvorsitzender

Der Bayernbund Kreisverband Rosenheim e. V. trauert um sein Gründungs- und Ehrenmitglied

MdL a. D. Adolf Dinglreiter

 Seit 1992 war er ein treues Mitglied des Bayernbundes und hat maßgeblich die Gründung des Kreisverbandes Rosenheim 1994 vorangetrieben.

Mit Adolf verliert der Bayernbund einen hilfsbereiten, engagierten und wertvollen Kameraden und Freund.

Die Installation der Patrona Bavariae im Riedergarten zu Rosenheim, konnte nur durch die Mithilfe Adolfs geschehen.

Danke für Deinen unermüdlichen Einsatz und die Hingabe für unsere Heimat und für den Bayernbund und deine freundliche und menschliche Art.

Neben seiner Familie galt sein Herz stets Bayern.

Gott mit Dir du Land der Bayern, Gott mit Dir lieber Adolf

 

Klaus Stöttner, MdL a.D., Kreisvorsitzender CSU-Rosenheim Land:

Adolf Dinglreiter war mir bereits vor der Politik ein echter Ratgeber und Unterstützer. Er hat junge Politiker immer enorm unterstützt und bewies große Weitsicht. Er hat politische Spuren hinterlassen und Rosenheim und ganz Bayern geprägt. Ich uns wir verlieren in der CSU einen echten Freund.

Nein, sie skandierten keine lauten Proteste, dennoch erregten sie am 11. April überall im Münchener Stadtgebiet Aufsehen: Auf Initiative des stellvertretenden Programmdirektors Kultur des BR, Andreas Bönte fanden sich eintausend Menschen bereit, eine symbolische Patenschaft für Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen, die von den Nationalsozialisten drangsaliert, verhaftet, gequält, deportiert und ermordet wurden.

Die Abordnung aus Regensburg mit der Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Regensburg Ilse Danziger (mitte) und dem ehemaligen BR-Redakteur Thomas Muggenthaler am Karlsplatz.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks erstellten gemeinsam mit dem Kulturreferat der Stadt München erstellten in engagierter Detailarbeit die Daten und Lebensläufe von 1.000 Münchnerinnen und Münchnern und dokumentierten diese auf großen Tafeln, mit denen die Patinnen und Paten vor den damaligen Wohngebäuden oder Arbeitsplätzen der Opfer das Gespräch mit zufälligen Passanten suchten.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner hatte nicht nur spontan die Schirmherrschaft, sondern auch die Patenschaft für Eduard Hamm, erster Staatsminister für Handel, Industrie und Gewerbe im Freistaat Bayern, übernommen. Er wurde 1944 von der GESTAPO verhaftet und kam unter ungeklärten Umständen im Gefängnis ums Leben. Rechts neben Ilse Aigner in der ersten Reihe BR-Intendantin Dr. Katja Wildermuth, Präsident Herbert Hainer (FC Bayern München) und Landtagsvizepräsident Tobias Reiß.

Am Nachmittag versammelten sich die Paten am Königsplatz, der während des Dritten Reiches für die Bücherverbrennung und als Aufmarschplatz der Nationalsozialisten missbraucht wurde. Von dort ging der Zug den „Weg der Erinnerung“ durch das „braune Viertel“ vorbei am NS-Dokumentationszentrum zur Abschlusskundgebung am Odeonsplatz.

Dort war 1923 der Hitler-Ludendorff-Putsch niedergeschlagen worden. Das milde Urteil im anschließenden Prozess gab dann Adolf Hitler eine Bühne für die breite Öffentlichkeit.

Dichtgedrängt auf dem Odeonsplatz: Zahlreiche Ehrengäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft sowie Patinnen und Paten und interessierte Zuhörer. (Bildarchiv des Bayerischen Landtags)

Das aktuelle Projekt „Die Rückkehr der Namen“ eröffnete Wege des Erinnerns, die einen Bezug zur Gegenwart schafft und in der ehemaligen Hauptstadt der Bewegung ein deutliches Signal für Demokratie und eine offene Gesellschaft setzt.

Bei der Abschlusskundgebung betonte die Schirmherrin, Landtagspräsidentin Ilse Aigner: „Wir dürfen nicht vergessen, was geschehen ist. Erinnerungsarbeit und Demokratie stehen in einem sehr wichtigen Zusammenhang. Wir müssen gemeinsam eintreten für die Würde des Menschen, gegen Rassismus, gegen jede Art von Extremismus und auch gegen Antisemitismus und Antiziganismus!“

BR-Intendantin Dr. Katja Wildermuth betonte, dass aktive Erinnerungsarbeit explizit Aufgabe des Senders ist und sie deshalb das Projekt gerne unterstützt hat.

Interviewpartnerin von BR-Moderatorin Andrea Lauterbach u.a. VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Schülerinnen des Gisela-Gynasiums München

Eigens für die Veranstaltung aus den USA angereist: der Enkel des 1942 ermordeten Benno Neuburger.

Die Präsidentin der Politischen Akademie Tutzing, Prof. Dr. Ursula Münch, betonte, dass Demokratie bedeutet, ein freies Leben führen zu können. In Krisenzeiten gebe es immer Krisenprofiteure, die keine Lösungen anbieten, sondern nur schlechte Stimmung erzeugen wollen.

Umrahmt wird das Programm von der oberbayerischen Band Dreiviertelblut, dem Münchner Rundfunkorchester, dem Chor des Bayerischen Rundfunks, der Musikerin Veronika Bittenbinder und ihrer Band.

Die Veranstaltung ist auch in der ARD-Mediathek abrufbar.

#Bayernbund #BR #Rückkehr der Namen #Bayerischer Landtag #Stadt München #Nationalsozialismus #

Wenige Tage, nachdem der Ministerpräsident sein neues Kabinett vorgestellt hat, erhielten wir vom Bayernbund die Gelegenheit, einige Fragen dazu an ihn zu richten. (Stand: 30.11.2023)

  1. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben sich schon sehr frühzeitig festgelegt, in der neuen Legislaturperiode die bürgerliche Koalition mit den Freien Wählern fortzusetzen. Was waren Ihre Beweggründe dafür und welche Gemeinsamkeiten gibt es?

Die Bayernkoalition hat sich bewährt, deshalb setzen wir sie fort. Die Staatsregierung hat in den vergangenen fünf Jahren erfolgreiche Arbeit geleistet. Das sehen offenbar auch die Bürgerinnen und Bürger so, denn sie haben mit großer Mehrheit für diese Koalition gestimmt. Wir sind zwei Parteien, aber eine Regierung: Uns verbindet die Idee eines freiheitlichen und stabilen Bayern, das die Herausforderungen der Zukunft annimmt und seine Identität bewahrt. Wir setzen auf pragmatische Politik zum Wohle der Menschen anstatt auf Ideologien oder übertriebene Vorschriften. Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass der Freistaat Bayern mit dieser bürgerlichen Philosophie hervorragend abschneidet. Ob Sicherheit, Finanzen, Arbeitsplätze, Gesundheit, Bildung oder der Ausbau erneuerbarer Energien: Wir belegen überall Spitzenplätze. Gleichzeitig bereiten wir unser Land mit milliardenschweren Investitionen in Wissenschaft und Forschung auch in Krisenzeiten auf die Zukunft vor.

  1. Welche Überlegungen hat es bei der Auswahl der Ministerinnen und Minister gegeben?

Die Fraktionen der Bayernkoalition werden von gestandenen Persönlichkeiten geprägt. Sie alle empfehlen sich für eine Mitarbeit im Kabinett. Das zeigt die personelle Stärke unserer Koalition. Allerdings ist die Zahl der Minister und Staatssekretäre durch die Bayerische Verfassung auf 17 Frauen und Männer begrenzt, deshalb braucht es eine Auswahl durch den Ministerpräsidenten – so schwer es im Einzelfall auch fällt. Das Kabinett muss das ganze Land und seine Menschen repräsentieren. Daher ist es wichtig, dass sich die verschiedenen Regionen Bayerns wiederfinden. Unser Team Bayern setzt auf bewährte und junge Kräfte, es verkörpert Kontinuität und Aufbruch zugleich.

  1. Welche Rolle spielt dabei grundsätzlich die fachliche Qualifikation? Ist ein Wechsel eines Ministers/einer Ministerin in ein anderes Ministerium so einfach möglich?

Die entscheidende Qualifikation einer Ministerin oder eines Ministers ist die Fähigkeit, ein großes Team zu führen. Man gibt Ziele vor, setzt Schwerpunkte und trägt letztlich die Verantwortung. Unsere Ministerinnen und Minister haben auf ihrem Lebensweg in Beruf und Parlament, in den Stimmkreisen und Ausschüssen sowie vor allem im direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern vielfältige Erfahrungen gesammelt. Alle Kabinettsmitglieder der Bayernkoalition sind mit den großen Themen vertraut und wissen, was die Menschen beschäftigt. Was die Frage nach dem Wechsel eines Ressorts betrifft: Ich selbst habe als Minister drei verschiedene Ressorts geleitet: die Ministerien für Europa, für Umwelt und Gesundheit sowie für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat. Dabei konnte ich immer auf hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien vertrauen.

  1. Bei den Ressortzuschnitten hat die Verlagerung von Jagd und Staatsforsten zum Wirtschaftsministerium bei vielen politischen Beobachtern ein Schmunzeln oder auch leichtes Stirnrunzeln ausgelöst. Besteht hier nicht die Gefahr, dass die Belange Bayerns als Industriestandort mit den meisten DAX-Unternehmen und einem enormen Exportanteil in den Hintergrund geraten? Oder wird sich zukünftig verstärkt die Staatskanzlei um die internationalen Verflechtungen kümmern?

Dass wir die Staatsforsten dem Wirtschaftsministerium zugeordnet haben, ist schon deshalb sinnvoll, weil die Energiewende im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist und in den Staatsforsten 1000 neue Windräder entstehen sollen. Damit sind die Wege kürzer und effizienter. Und es muss nicht falsch sein, dass die Jagd bei einem passionierten Jäger wie Hubert Aiwanger angesiedelt ist. Im Gegenzug ist der Bereich Gastronomie und Tourismus zu Michaela Kaniber ins Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium gekommen. Das wird eine unserer Leitökonomien für die kommenden Jahre. Das Wohlergehen unserer Wirtschaft und Unternehmen ist in Bayern seit jeher dem gesamten Kabinett ein Anliegen, insbesondere auch dem Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei. Nur gemeinsam gelingt es uns, den Freistaat als Wirtschaftsstandort von internationalem Rang zu behaupten.

  1. Welche Ansätze verfolgen Sie als Ministerpräsident, um die Innovationskraft und die Digitalisierung zu stärken und was dürfen der Mittelstand und das Handwerk erwarten?

Wir setzen auf die Hightech Agenda Bayern mit ihren regionalen Knotenpunkten, auf den Aufbau von Technologietransferzentren und digitalen Gründerzentren gerade auch im ländlichen Raum, auf unser Mobilfunkförderprogramm und auf den Pakt für digitale Infrastruktur. Wir verstehen Digitalisierung als Schlüssel zu einer modernen Verwaltung, die schlank und bürgernah arbeitet. Deshalb soll Bayern bis 2025 gigabitfähig sein. Gleichzeitig beschleunigen wir deutlich den Bürokratieabbau. Mittelstand und Handwerk sollen nicht immer noch mehr belastet werden, sondern massiv entlastet. Wie wichtig uns das Handwerk ist, haben wir dieses Jahr mit der Einführung eines Tags des Handwerks an den Schulen und der kostenfreien Meisterausbildung gezeigt – als erstes und einziges Bundesland. Diesen Kurs setzen wir fort.

  1. Der ländliche Raum fühlt sich in vielerlei Hinsicht abgehängt, weil sich der Fokus der Politik in vielen Politikfeldern auf die Metropolen richtet. Ist nicht zu befürchten, dass so die politischen Ränder weiter gestärkt werden? Gibt es konkrete Pläne zur Förderung wirtschaftlich benachteiligter Regionen?

Die Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist seit jeher Auftrag und Ziel des Freistaats. Sie hat sogar Verfassungsrang. Mir ist gerade diese Aufgabe ein Herzensanliegen. Mit der Gründung des Heimatministeriums unter meiner Leitung, mit der Heimatstrategie und der „Offensive.Heimat.Bayern 2025“ haben wir erfolgreich die Weichen gestellt. Wir haben durch Behördenverlagerung neue Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen, ihn mit dem Glasfaser-Förderprogramm an die digitale Autobahn angeschlossen und mit dem Kommunalen Finanzausgleich – 11,6 Milliarden Euro für 2023 sind Rekord – die Kommunen gestärkt. Was den Menschen im ländlichen Raum besonders wichtig ist: Wir unterstützen kleinere Krankenhäuser, insbesondere bei der Notfallversorgung. Nicht zuletzt investieren wir mit der Bayerischen Regionalförderung gezielt in den ländlichen Raum. In den letzten zehn Jahren wurden bayernweit mit 1,7 Milliarden Euro Regionalförderung zahlreiche Investitionen in Gesamthöhe von 13,5 Milliarden Euro ausgelöst, mehr als 28.000 Arbeitsplätze neu geschaffen und über 175.000 Arbeitsplätze gesichert. Bei der Förderung der Regionen bauen wir auch künftig auf die enge Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern und Landräten. Der Erfolg gibt uns Recht: Die Einwohnerzahl im ländlichen Raum steigt stetig an.

Ministerpräsident Dr. Markus Söder und WBR-Redakteur Fritz Lutzenberger.

  1. Gestatten Sie uns bitte noch einige Fragen zu den politischen Schwerpunkten der nächsten Jahre. Der vielleicht größte Brennpunkt mit vielfältigen Auswirkungen ist die Migrationspolitik. Natürlich ist bei der Begrenzung unerwünschter Migration in erster Linie der Bund gefragt. Die Landkreise und Kommunen, die Bürgerinnen und Bürger in Bayern, erwarten aber auch von der Staatsregierung kurzfristige Maßnahmen. Was haben Sie vor?

Die Begrenzung der illegalen Migration ist eine der zentralen Herausforderungen für Deutschland. Unsere Kommunen sind am Limit, daher fordern wir vom Bund eine grundlegende Wende in der Migrationspolitik. Es braucht eine realistische Integrationsgrenze, die sich am Leistungs- und Integrationsvermögen der Kommunen orientiert. Dabei muss auch eine kluge Weiterentwicklung des Verfassungsrechts geprüft werden. Es braucht zudem vollziehbare Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern und die Einrichtung von Bundesausreisezentren an den großen deutschen Flughäfen. Nötig sind außerdem klare Regeln, die verhindern, dass bereits abgelehnte Bewerber immer wieder neue Asylanträge stellen. Besonders wichtig: Feinde unserer Verfassung und unserer Werte müssen schnell und konsequent abgeschoben werden. Wir werden in Bayern die Bargeldleistungen für Asylbewerber durch Sachleistungen und eine Bezahlkarte ersetzen. Damit reduzieren wir die Zuzugsanreize, die sogenannten „Pull-Faktoren“. Dieser Kurs muss auf Bundesebene fortgesetzt werden, indem man die deutschen Sozialleistungen für ausländische Bewerber auf das europäische Maß absenkt. Denn grundsätzlich bleibt die Steuerung der Migration eine Bundesaufgabe.

  1. Unerträglich wird der wieder stark aufkommende Antisemitismus mit einem starken Anstieg der spezifischen Straftaten. Viele Außenstehende haben den Eindruck, dass der Staat den Demonstrationen mit antisemitischen Parolen mehr oder weniger machtlos gegenübersteht.

Judenfeindlicher Hass und anti-israelische Hetze sind in der Tat unerträglich – und wir haben auch nicht vor, sie zu ertragen. Deshalb beobachten unsere Sicherheits- und Justizbehörden sehr genau, wer die roten Linien unseres Landes verletzt. Es gibt in Bayern keinen Platz für Extremisten. Wer ein Kalifat auf deutschem Boden fordert, ist in unserem Land nicht willkommen. Bayern steht fest an der Seite Israels: Die Bayerische Staatsregierung und ich ganz persönlich bekennen uns zum israelischen Recht auf Selbstverteidigung. Wir geben ein dauerhaftes Schutzversprechen für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Freistaat ab. Darauf kann sich jeder verlassen.

  1. Ein zentrales Thema der letzten Jahre war die Energiekrise mit explodierenden Kosten für Kommunen, Wirtschaft und Verbraucher. Was plant die Staatsregierung? 

Wir tun alles, was möglich ist, um unsere Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger in diesen Krisenzeiten zu entlasten. Dazu zählen das Bayerische Energiepaket vom November 2022 mit rund 500 Millionen Euro, die Förderung der Erneuerbaren Energien und der Ausbau der Stromnetze. Aber leider können wir nicht die Kardinalfehler der Bundesregierung ausgleichen, obwohl wir jetzt schon bei den Erneuerbaren im Ländervergleich deutlich an der Spitze liegen. Der ideologische Ausstieg aus der Kernenergie ist und bleibt ein schwerer Fehler der Ampel. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist wichtig, aber allein damit werden wir unsere Industrienation nicht wettbewerbsfähig halten können. Anstatt die sicheren deutschen Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen, zwingt die Bundesregierung uns, hohe staatliche Mittel zur Senkung der Strompreise aufzuwenden. Für uns ist klar: Es braucht strukturelle Entlastungen für die Verbraucher, die Senkung der Stromsteuer für alle, die Einführung eines zeitlich befristeten Wirtschaftsstrompreises und die weitere Reduzierung der Netzentgelte. Das vom Bund vorgelegte Strompreispaket reicht nicht.

  1. Die Krisen der letzten Jahre haben den Ruf nach Digitalisierung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens laut werden lassen. Wird dieses Thema aber nicht auch manchmal fehlinterpretiert? Muss es wirklich sein, dass jeder Schulanfänger mit einem Tablet im Unterricht sitzt? Geht dies nicht zu Lasten der allgemeinen Bildung, zumal auch hier die Anforderungen mit der „Verfassungsviertelstunde“ weiter nach oben geschraubt werden?

Digitalisierung findet weltweit statt. Wir sind gut beraten, sie anzunehmen und aktiv mitzugestalten. Das gilt auch für die Schulen. Natürlich hängt schulischer Erfolg vor allem von den Lehrerinnen und Lehrern ab. Sie leisten Hervorragendes, das zeigen sämtliche Ergebnisse von bayerischen Schülern im Bundesvergleich. Dafür verdienen sie Dank und Anerkennung. Unsere Schulen haben für uns Priorität. Deshalb schaffen wir nicht nur Tausende neue Stellen für Lehrkräfte und Unterstützungskräfte, sondern heben auch die Besoldung an, gerade im Bereich der Grund- und Mittelschulen. Nicht zuletzt braucht es für unsere Kinder auch moderne Unterrichtsmittel. Deshalb: Digitalisierung auch an den Schulen. So bleibt Bayern führendes Bildungsland.

  1. Der Freistaat hat in den letzten Jahren zur Krisenbewältigung ungeheuer viel Geld ausgegeben. Gibt es konkrete Pläne zur Haushaltskonsolidierung?

Bayern ist Land der soliden Finanzen. Das gilt seit langem, das gilt auch künftig. Deshalb wird die Staatsregierung nicht nur keine neuen Schulden machen, sondern auch die Staatsverschuldung weiter konsequent abbauen. Mittel, die wir zur Finanzierung der Sonderbelastungen im Zuge der Bekämpfung der Corona-Krise aufnehmen mussten, werden wir ab 2024 kontinuierlich zurückführen. Bayern bekennt sich klar zur Schuldenbremse. Schon aus Gründen der Generationengerechtigkeit ist eine solide Haushaltsführung strikt erforderlich. Unser Haushalt 2023 ist ohne neue Schulden ausgeglichen. Die einzelnen Ressorts und die Staatskanzlei erbringen dabei einen Konsolidierungsbetrag von insgesamt 700 Millionen Euro.

  1. Der Klimawandel schreitet immer weiter voran und die EU plant, mit ihrem neuen Naturschutzgesetz vielfältige Maßnahmen auch zur Renaturierung von Flüssen und Mooren. Befürchten Sie deshalb negative Auswirkungen bei der Europawahl im kommenden Jahr? 

Es ist klar, dass die Fragen von Umwelt, Natur und Klima die Menschen bewegen. Bayern unterstützt das Ziel der Europäischen Union, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Wir streben sogar an, dieses Ziel bereits im Jahr 2040 zu verwirklichen – fünf Jahre eher als der Bund, zehn Jahre eher als die EU. Mit dem Bayerischen Klimaschutzgesetz und 150 Einzelmaßnahmen sind wir Vorreiter in Deutschland. Wir geben jährlich eine Milliarde Euro allein für Klimaschutz aus – mehr als jedes andere Land. Der Erhalt unserer Lebensgrundlagen und Schöpfung ist jeden Einsatz wert. Aber auch hier gilt: Realismus vor Ideologie! Wir werden den Klimaschutz nur gemeinsam mit den Menschen voranbringen, und nicht durch Überforderung oder Bevormundung.

  1. Noch eine abschließende Frage zu den Beauftragten der Staatsregierung. Mit Ausnahme von Staatsminister a.D. Ludwig Spaenle als Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung hören die Menschen in Bayern relativ wenig von den Beauftragten. Welche Bedeutung messen Sie der Arbeit der Beauftragten bei?

 

Die Idee, für Schwerpunktaufgaben besondere Beauftragte der Staatsregierung zu ernennen, hat sich hervorragend bewährt. Der Bürgerbeauftragte konnte bereits Hunderten von Menschen helfen, die sich mit oft sehr persönlichen Anliegen an ihn wandten. Walter Nussel, der Beauftragte für Bürokratieabbau, arbeitet erfolgreich daran, Verfahren einfacher und das Leben der Menschen leichter zu machen. Das gilt in gleichem Maße für die Beauftragten für Integration, für das Ehrenamt, für Menschen mit Behinderung, für den Bereich der Pflege sowie für Aussiedler und Vertriebene. Sie alle tragen dazu bei, dass Bayern bürgernah und menschlich bleibt. Besonders im Fokus steht derzeit natürlich der Beauftragte für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. Ludwig Spaenles Einsatz gegen judenfeindlichen Hass verdient höchstes Lob – wie die Arbeit all seiner Kollegeninnen und Kollegen.

Herr Ministerpräsident, vielen Dank für das Gespräch. (Foto: Fritz Lutzenberger)

#Bayernbund #Ministerpräsident Dr. Söder #Bayern# Regierungsbildung # Friesinger

Turnusmäßig alle drei Jahre stellt sich der Landesvorstand des Bayernbunds seinen Mitgliedern zur Wiederwahl. Am 15. Juli kamen die Delegierten zur jährlichen Landesversammlung in der Olympia-Schießanlage der Bayerischen Sportschützenbundes (BSSB) in Garching-Hochbrück zusammen und sprachen dem Vorstand ihr Vertrauen aus.

Der Landesvorstand hatte Landtagspräsidentin Ilse Aigner eingeladen und sie gebeten, zur Entwicklung der Demokratie in Bayern zu sprechen. Die Landtagspräsidentin lobte zunächst den Bayernbund als überparteiliche Organisation, die sich für die politische Kultur und den Föderalismus einsetzt.

Gastansprache von Landtagspräsidentin Aigner

Rückblickend auf das Krisenjahr 1923 in dem Adolf Hitler am 9. November versuchte, die erste Demokratie in Bayern und Deutschland gewaltsam zu beenden, sagte Ilse Aigner:

Die Lage heute sei in mancherlei Hinsicht anders als 1923: „Wir dürfen die Feinde der Demokratie aber nie unterschätzen. Das lehrt die Geschichte. Wir dürfen die Radikalen aber auch nicht größer machen, als sie sind. Wir können stolz sein auf die breite Mitte unserer Gesellschaft! Darin liegt der entscheidende Unterschied im Blick zurück.“ Ihr Fazit: „Die Demokratie ist das Beste, was wir haben. Wir schulden ihr, wir schulden uns, sie zu beschützen. Die erste deutsche Demokratie war nicht wehrhaft genug. Bei der zweiten ist es an uns, sie zu bewahren.“

Zunächst belastete uns die Coronakrise und jetzt der Angriffskrieg von Putin, der sich nicht nur gegen die Ukraine richte sondern gegen die Freiheit insgesamt und alle Menschen in Europa. Diese Bestrebungen seien nicht neu, neu sind nur die Kommunikationswege über die sozialen Medien, auf denen sie vorgetragen werden.

„Wir müssen uns geschlossen zeigen, nach innen und nach außen!“

Angesichts von Polemik, Angriffen und Protesten hierzulande sagte sie: „Die Demokratie muss wehrhaft sein und bleiben – auch, wenn es Verständnis für berechtigte Anliegen gibt. Der Zweck heiligt nicht jedes Mittel. Niemand steht über dem Gesetz!“

Zur politischen Kultur im bayerischen Landtag merkte die Präsidentin an, dass in der abgelaufenen Legislaturperiode erstmals in der Geschichte des Hause 25 Rügen durch das Präsidium ausgesprochen werden mussten. Wichtig sei die inhaltliche Auseinandersetzung, aber der Stil müsse gewahrt bleiben. Sie beabsichtige deshalb Ordnungsgelder und einen Demokratiekodex im Landtag einzuführen.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner schloss mit der Bitte: „Unterstützen Sie die Demokratie und gehen Sie zur Wahl!“

 

Der wiedergewählte Landesvorsitzende des Bayernbunds Sebastian Friesinger dankte Landtagspräsidentin Ilse Aigner für ihre Ansprache.

 

 

In ihren Grußworten bekräftigten der 1. Landesschützenmeister des Bundes Bayerischer Sportschützen BSSB Christian Kühn und der 1. Landesvorsitzende des Bayerischen Trachtenverbands Günter Frey die starke Verbindung zum Bayernbund, ihren Einsatz für den Schutz unserer Demokratie und forderten die Zuhörer ebenfalls auf, zur Wahl zu gehen.

 

Nach dem Finanzbericht von Landesschatzmeister Stephan Schlier und dem Verlesen des Berichts der Kassenprüfer wurde die Vorstandschaft einstimmig entlastet. Bei den anschließenden Wahlen zum Landesvorstand wurden die bisherigen Mitglieder und die neuen Kandidaten von der Versammlung mit einem hervorragenden Ergebnis für die nächsten drei Jahre berufen. (Fritz Lutzenberger)

Bilder:

Sebastian Friesinger gratulierte dem stellvertretenden Landesvorsitzenden des Bayernbunds, dem Ehren-Landesschützenmeister Wolfgang Kink zu seiner Auszeichnung für sein Engagement für das Ehrenamt im BSSB beim Sportlerpreis der Staatsregierung.

Im Rahmenprogramm führte der 1. Landesschützenmeister des BSSB Christian Kühn die Delegierten durch den Olympia-Stützpunkt.

#Bayernbund#Landesversammlung2023#

Aus Anlaß seines bevorstehenden 90. Geburtstags hat S.K.H. Herzog Franz von Bayern zahlreiche Gespräche mit der Augsburger Historikerin Prof. Dr. Marita Krauss geführt, die diese zu einem Gesprächsband zusammenfügte. Es handelt sich nicht um abgeschlossene Memoiren, sondern um Erinnerungen an ein langes Leben in herausgehobener Position mit chronologisch und thematisch bestimmten Schwerpunkten, komponiert in elf Kapiteln.

Herzog Franz von Bayern (Bild: Herzogliche Verwaltung)

Kindheit und Konzentrationslager

Als Prinz Franz Bonaventura Adalbert Maria am 14. Juli 1933 als Sohn von Erbprinz Albrecht von Bayern und seiner Gemahlin Maria (Marita), einer geborenen Gräfin Drašković von Trakošćan, das Licht der Welt erblickte, hatte das Land, von dem er den Namen trägt, seit einigen Monaten die Eigenstaatlichkeit verloren, hatte sich die nationalsozialistische Diktatur schwer über Bayern gelegt. Die ersten Jahre seiner Kindheit in Wildbad Kreuth waren davon überschattet. Schon 1934 und nach zeitweiliger Rückkehr 1939 ging die Familie über Jugoslawien ins Exil nach Ungarn, wo es auch während des Weltkriegs noch wesentlich freier zuging als in der Heimat. Diese Freiheit ging mit der Inhaftierung nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 verloren, Erbprinz Albrecht, seine Frau und die Kinder wurden auf Befehl Adolf Hitlers in Haft genommen und durch die Konzentrationslager Buchenwald, Flossenbürg und Dachau verschleppt. Erstmals kann man diese schrecklichen Erlebnisse nun aus der Erinnerung des damals elfjährigen Prinzen nachlesen. Sehr berührend sind die Geschehnisse aus der Sicht eines Buben, der vor allem den inneren Zusammenhalt der Familie, aber auch das unvorstellbare Grauen und die Brutalität schildert. Leichenberge vor dem Barackenfenster, aber auch der Flug eines in der Sonne leuchtenden Fasans über dem Lager von Dachau sind ihm im Gedächtnis haften geblieben.

 

Neuanfang in der Nachkriegszeit

Für Prinz Franz wie für die meisten Zeitgenossen begann in den Jahren nach dem Zusammenbruch, aber auch der Befreiung von 1945 das normale Leben erst allmählich. Zunächst bestimmten unmittelbar drängende Problem des Alltags, das Bemühen um Versorgung und die Wohnungsnot, das Leben auch der nach Bayern zurückgekehrten Familie. Im November 1945 ging Franz in das Internat der Benediktiner nach Kloster Ettal, wo er erstmals seit der Zeit in Budapest wieder regelmäßigen Schulunterricht erhalten konnte. Vor dem dort 1952 abgelegten Abitur besuchte ab 1947 für zwei Jahre das Collège St. Michel in Freiburg (Fribourg) im Üechtland, um in der Schweiz wieder zu Kräften zu kommen. Im Anschluß nahm er das Studium der Betriebswirtschaft auf, das er 1960 als Diplom-Volkswirt beendete.

Immer wieder durchbrechen Erinnerungen besonders an Kronprinz Rupprecht von Bayern den Erzählstrang, der sich in den Nachkriegsjahren für den Wiederaufbau Bayerns und die Stärkung seiner Staatlichkeit einsetzte. Vergleichbar sind Großvater und Enkel in ihrer Leidenschaft für die Kunst, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Früh wurde Franz schon als Schüler in die repräsentativen Aufgaben des Hauses eingebunden, teils in Vertretung, teils an der Seite seines Großvaters und Vaters. Über deren Rolle in der Politik der Nachkriegszeit, über die Bedeutung von Naturschutz, Jagd und Pflege der Volksmusik kann man viel aus dem Band erfahren.

Kunstleidenschaft

Passend zur Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit tauchte Prinz Franz in das kulturelle und gesellschaftliche Leben Münchens ein, lernte neue Kunstformen kennen und traf sich mit der Bohème. So besucht er nicht nur die Festspiele in Salzburg, sondern auch regelmäßig die „Donaueschinger Musiktage für zeitgenössische Tonkunst“. Schon in den 50er Jahren und besonders seit seiner prägenden Reise 1962 nach New York entwickelte er eine echte Leidenschaft, die sich mit Kennerschaft paart, für die zeitgenössische Kunst, die er als aufregend empfand. In den USA lernte er tonangebende Künstler und einflußreiche Sammler kennen. In diesem Band erfährt man sehr viel über die Kunstszene in New York in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders über die Museum of Modern Art und sein künstlerisches Umfeld. Prinz Franz gehörte lange dessen International Council (Beirat) an, dessen Vorsitz er für sechzehn Jahre übernehmen sollte. So lernte er nicht nur sehr viel über moderne Kunst, sondern konnte auch die Erwerbungspolitik beeinflussen.

Die in New York erworbenen Kontakte und Fähigkeiten nützte Prinz Franz, um auch in München die moderne Kunst zu stärken, die hier zunächst nur in Galerien und dem Haus der Kunst zu sehen war. Dabei war und ist er vom Ehrgeiz getrieben, die Internationalität Bayerns und den Rang Münchens als Kunststadt zu heben, was oft auf Widerstände in der Politik stieß. Als ein Instrument dazu gründete er den Galerie-Verein. Früh nutzte er seine Möglichkeiten, um auch damals unpopuläre Kunstwerke zu fördern, wenn er von ihrer Qualität überzeugt war. Als eine Frucht seiner und seiner Gleichgesinnten Bemühungen ist die Einrichtung der Pinakothek der Moderne in München zu werten, der er immer wieder zentrale Bestände seiner Sammlungen als Dauerleihgaben des Wittelsbacher Ausgleichsfonds zur Verfügung stellt.

Mitglied einer Dynastie von europäischer Bedeutung

Dabei war und ist Franz von Bayern offen für Menschen aus allen Ständen und Bereichen, besonders wenn er sie für interessant hält. Bei einem legendären Treffen 1954 in Griechenland begegnete er den Mitgliedern der europäischen regierenden und nicht mehr regierenden Dynastien, mit denen er zum Teil verwandt ist. Zu seinen Repräsentationsaufgaben gehört die Teilnahme an den Staatsbesuchen in Bayern, bei denen die Wittelsbacher den Gästen häufig royalen Glanz boten und gerade in der schweren Nachkriegszeit halfen, die internationalen Beziehungen Bayerns zu verbessern. Sein Leben ist noch immer geprägt von vielfältigen Kontakten mit Monarchen und Adelshäusern, Politikern, Kunstmäzenen und Wissenschaftlern.

Sicher auch unter dem Einfluß seiner Mutter engagierte sich Prinz Franz früh für Menschen in sozialen Notlagen, so schon 1956 für die Ungarnflüchtlinge. Seitdem unterstützt er nachhaltig den Hilfsverein Nymphenburg, dessen Aktivitäten über Ungarn auch nach Rumänien, Bulgarien und Albanien ausgreifen. Auch hier kann er auf die Beziehungen seiner Familie zurückgreifen. Gegenwärtig fördert er auch die Bildungsprojekte seines Neffen Prinz Ludwig für Afrika.

Repräsentation in Bayern

Für unser Land interessant ist die Rolle von Franz von Bayern als Erbprinz, seit 1996 als Herzog und Chef des Hauses. Durch die veränderten Zeitumstände, aber auch durch die differenzierten Persönlichkeiten ergaben sich Unterschiede im Rollenverständnis im Verhältnis zu seinem Großvater und Vater, wie an verschiedenen Stellen des Bandes thematisiert wird. Als Grundtenor ist die Wahrung der Tradition des Hauses und des Einsatzes auf verschiedenen Feldern für das Land Bayern festzuhalten. Nur erschließen kann sich der Leser aus vielen Einzelnachrichten den ungeheuren Einsatz von Franz von Bayern und der übrigen Familienangehörigen, die bei zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Land präsent sind. Hier kann man durchaus einen Vergleich mit dem britischen Königshaus ziehen, dem dafür aber viel größere Ressourcen zur Verfügung stehen.

In Vertretung zunächst seines Großvaters und Vaters und schließlich in eigenem Namen nahm und nimmt Herzog Franz an repräsentativen Veranstaltungen im ganzen Land teil – Zuschauer in der ersten Reihe eben, wie der elegante Titel des Bandes lautet. Dazu kommen Protektorate über den Bayerischen Sportschützenverband und Traditionsverbände, aber auch die Mitwirkung bei zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften und Kuratorien, etwa der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Katholischen Akademie in Bayern und dem Hochschulrat der LMU. Nicht erwähnt wird die Mitgliedschaft im Kuratorium des Instituts für bayerische Geschichte der LMU, aber ein kleiner Abschnitt ist der bayerischen Geschichtslandschaft gewidmet.

Allerdings war und ist Herzog Franz viel mehr als nur ein Zuschauer, wie aus seinen Erinnerungen deutlich wird. Er hat den unschätzbaren Vorteil, daß er unabhängig von Legislaturperioden seinen großen Erfahrungsschatz an Politiker im ganzen Land weitergeben kann. Besonders betont er den Austausch mit den bayerischen Ministerpräsidenten seit Wilhelm Hoegner. Und er verfolgt dabei durchaus eigene Prioritäten, wie immer wieder deutlich wird. Dazu gehört die Stärkung Bayerns als Kulturstandort von internationaler Bedeutung. Eindrucksvoll ist sein Bekenntnis: „Ich sehe es als einen Teil unserer Aufgabe, gegebenenfalls die Interessen des Landes, wenn notwendig sogar gegenüber der regierenden Politik zu vertreten. Dazu gehört die Grundfrage des Föderalismus.“

Zukunft

Herzog Franz äußert sich zur Rolle der Dynastie und setzt sich für ihre fortdauernde Präsenz im Land ein, um weiterhin etwas für Bayern zu bewirken, auch und gerade in Zeiten, in denen die geschichtliche Erinnerung zurücktritt. Dazu gehört seine Erfahrung, daß er beim Rückzug aus Ehrenämtern meist gebeten wird, die freigewordene Position mit einem anderen Familienmitglied zu besetzen. Auf seine eigene Initiative gehen die Nymphenburger Empfänge und die von dem verstorbenen Intendanten des Bayerischen Rundfunks Professor Albert Scharf inspirierten Berchtesgadener Gespräche zurück.

Zur Abrundung des Gesprächsbandes sind am Ende in alphabetischer Folge Aperçus zu vielen Themenbereichen vom Älterwerden bis Zukunft beigefügt, darunter seine Vorstellungen über seine Rolle als Familienchef.

Marita Krauss hat das Gesprächsbuch durch ein ausführliches Personenregister, das Biogramme aller genannten Persönlichkeiten enthält, zusammengefügt. Es handelt sich um keinen Bildband, aber zahlreiche kleinformatige Schwarz-Weiß-Abbildungen illustrieren die Darstellung.

Viele Anekdoten machen das Buch vergnüglich zu lesen, dessen eigentliche Bedeutung aber darin liegt deutlich zu machen, wie der Chef des Hauses Bayern sich für das Land in seiner Eigenständigkeit und internationalen Bedeutung einsetzt und diese Aufgabe auch an seine Nachfolger weiterreichen wird. Seine Vorstellungen für Bayern zielen dabei in die Zukunft: „Es ist mein Ehrgeiz, dass wir in Bayern nicht verprovinzialisieren, sondern dass Bayern seine eigene Stimme behält – in Deutschland, aber auch als Bayern weit darüber hinaus im internationalen Maßstab“. (Prof. Dr. Dieter J. Weiß)

Dieter J. Weiß

Franz von Bayern, Zuschauer in der ersten Reihe. Erinnerungen, in Zusammenarbeit mit Marita Krauss, Verlag C.H. Beck, München 2023.

#Wittelsbach#Herzog Franz von Bayern#Lebenserinnerungen#Bayern#Bayernbund

Trotz der angesagten und auch umgesetzten Bescheidenheit lag so etwas wie royaler Flair über dem Odeonsplatz. Angeführt von der Marktkapelle Au in der Hallertau zog Prinz Ludwig von Bayern, begleitet von seiner Mutter Prinzessin Beatrix und eskortiert von einer Gebirgsschützenkompanie von der Residenz zur Trauung in die Theatinerkirche. Die standesamtliche Trauung mit Sophie-Alexandra Evekink hatte bereits am Heiligen Abend nur in Anwesenheit der Eltern auf Schloss Kaltenberg stattgefunden.

 

Ludwig ist der älteste Sohn von Prinz Luitpold und Prinzessin Beatrix von Bayern. Er ist Jurist und seit rund zehn Jahren in der Entwicklungshilfe tätig, unter anderem mit dem Hilfsverein Nymphenburg und der Organisation Learning Lions, die er mit Gleichgesinnten in Kenia gegründet hat. Nach dem derzeitigen Familienchef Herzog Franz von Bayern, Herzog Max in Bayern und Prinz Luitpold von Bayern ist er zukünftiges Familienoberhaupt des Hauses Bayern.

Seine Frau Prinzessin Sophie-Alexandra stammt aus einer niederländisch-kanadischen Patrizierfamilie und studierte in England Politik und Kriminalwissenschaften. Sie arbeitete mehrere Jahre bei international tätigen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, unter anderem bei den Vereinten Nationen im Büro des Generalsekretärs Antonio Guterres. Inzwischen unterrichtet sie gelegentlich in Oxford und verfasst dort auch ihre Doktorarbeit.

Insgesamt waren über 700 Familienangehörige, Freunde und Gäste aus Politik und Gesellschaft zur Hochzeit geladen.

 

 

Die Staatsregierung war durch Ministerpräsident Dr. Markus Söder, den stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger, Staatskanzleichef Dr. Wolfgang Herrmann, Innenminister Joachim Herrmann und Wissenschaftsminister Markus Blume vertreten.

Die Braut wurde von ihrem Vater zur Kirche begleitet.

Reinhard Kardinal Marx begrüßte die Braut vor der Theater und zelebrierte die Trauung für das junge Paar. Er gab ihnen mit auf den Weg: „was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“

Den Trauspruch trug die Schwester von Ludwig, Prinzessin Auguste von Bayern in englischer Sprache vor.

Prinzessin Sophie-Alexandra trug als Schmuck das Diadem der Großmutter von Prinz Ludwig, Prinzessin Irmengard und ein Brautkleid mit einem Schleier, der von einer ukrainischen Designerin mit bayerischen, kanadischen und holländischen Motiven gestaltet wurde.

 

 

 

Neben den Eltern des Brautpaars richtete Herzog Franz wesentliche Teile der Hochzeit aus und lud nach der Kirche zu einem Empfang in Schloss Nymphenburg. Zur Trauung kamen neben den geladenen Gästen auch Abordnungen bayerischer Traditionsvereine, die dem Haus Wittelsbach verbunden sind. Herzog Franz und das Brautpaar sind sich bewusst, dass viele Menschen durch die weltweiten Krisen und ihre Auswirkungen akute Not leiden, deshalb bat das Brautpaar anstelle von Geschenken um eine Spende an den Hilfsverein Nymphenburg. Herzog Franz und das Brautpaar sind der Meinung, Hochzeiten wurden aber auch in dunklen Zeiten gefeiert, nicht zuletzt, um die Zuversicht zu erhalten.

Der Bayernbund gratuliert dem Brautpaar auf das Herzlichste und wünscht alles Gute für die Zukunft!

Text und Bilder: Fritz Lutzenberger, Redaktion Bayernbund-Weiß-Blaue Rundschau

#Bayernbund#Bayern#Wittelsbach#Prinz Ludwig#Prinzessin Sophia-Alexandra#Hochzeit#Theatinerkirche

Frauenchiemsee (hö) – Im Vorjahr konnte unter Pandemie-Bedingungen der Bayernbund im Wallfahrtsort Altötting seinen 100. Geburtstag feiern und bei einem eindrucksvollen Gottesdienst auf dem Kapellplatz die zu diesem Anlass von Bayerns Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder spendierte Standarte weihen lassen. Das waren außergewöhnliche Höhepunkte, ansonsten hat das Bayernbund-Leben auf Landes- und Kreisebene stark gelitten. Dennoch gilt es nach vorne zu schauen und deswegen traf sich die Landesvorstandschaft zu einer zweitägigen Klausurtagung im Kloster Frauenchiemsee, zu Gast war dabei auch der Bayerische Trachtenverband.

Gemeinsam sind Bayernbund und Trachtenverband in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Kultusministerium sowie mit den Schulämtern in verschiedenen Projekten dabei, Heimatkunde und Dialektpflege im Rahmen von Lehrplan, Unterricht und Projekten wieder stärker zu pflegen. Hierzu gab es beste Vorplanungen und Besprechungen, doch Corona macht manche Vereinbarungen zunichte. „Dennoch wollen wir den Weg weitergehen und dranbleiben, wir haben schon gute Konzepte und auch Ehrenamtliche, die den Schulen zur Verfügung stehen, deshalb werden wir zuerst vom Allgäu bis zum Chiemgau vier Startprojekte durchführen. Mit deren Ergebnissen wollen wir dann in weitere Grundschulen für das Schuljahr 2023/2024 starten“ – so Bayernbund-Vorsitzender Sebastian Friesinger und Trachtenverbands-Landesvorsitzender Günter Frey unisono am Ende der klösterlichen Austauschtage.

 

Weitere Themen waren Bau-, Siedlungs-, Wirtschafts- und Familienpolitik, zu denen sich der Bayernbund als unpolitische Vereinigung zu Wort melden will. Ein besonderer Dank galt dem Kloster Frauenchiemsee für die Möglichkeit, in insulaner Abgeschiedenheit, aber trotzdem in vorzüglicher Beherbergung, Betreuung und Bewirtung tagen und planen zu können.

 

 

Fotos: Hötzelsperger

1. Die Bayernbund-Vorstandschaft im Innenhof des Klosters Frauenchiemsee.

2. Zwei gestandene bayerische Männer, die sich für Bayern einsetzen: links Sebastian Friesinger vom Bayernbund und Günter Frey vom Bayerischen Trachtenverband.

3. Eigene Corona-Masken.

4- Intensive Diskussionen zwischen v.l.: Bayernbund-Ehrenvorsitzenden Adolf Dinglreiter, Bürgermeister Christian Glas (Stellv. Landesvorsitzender Bayernbund),  Günter Frey (Landesvorsitzender des Bayerischen Trachtenverbandes) und Sebastian Friesinger.

 

Weitere Informationen: www.bayernbund.de

 

#Bayern#Frauenchiemsee#Bayernbund#Bayerischer Trachrenverband

Liebe Leserinnen und Leser der Weiß-Blauen Rundschau, liebe Bayernbundler!

„Das wunderbare Zeichen der Krippe, die dem christlichen Volk so sehr am Herzen liegt, weckt immer wieder neu Staunen und Verwunderung. Das Ereignis der Geburt Jesu darzustellen bedeutet, das Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes mit Einfachheit und Freude zu verkünden. Die Krippe ist in der Tat wie ein lebendiges Evangelium, das aus den Seiten der Heiligen Schrift hervortritt. Wenn wir über die Weihnachtsszene nachdenken, sind wir eingeladen, uns geistlich auf den Weg zu machen, uns anziehen zu lassen von der Demut des Einen, der Mensch wurde, um jedem Menschen zu begegnen. Und wir entdecken, dass er uns so sehr liebt, dass er sich mit uns vereint, damit auch wir uns mit ihm vereinen können.“

So beginnt Papst Franziskus das Schreiben „Admirabile signum“ vom 1. Advent 2019.

Ungewöhnlich für ein Papstschreiben befasst sich Franziskus mit der Weihnachtskrippe. Mit sehr innigen Worten unterstreicht der Papst seine Wertschätzung für diese Form der Glaubensvermittlung mit einem eigenen päpstlichen Schreiben.

Auch mich faszinieren Weihnachtskrippen seit Kindesbeinen an.

In den letzten beiden Jahren durfte ich an den Krippenbauschule in Garmisch-Partenkirchen an mehrtägigen Kursen teilnehmen und unter der Anleitung von Martin Königsdorfer mit meinen eigenen Händen meine inneren Bilder von Krippenkulissen umsetzen.

Dies waren zutiefst theologischer und spiritueller Tage und Stunden. Solche, im wahrsten Sinne, Lichtblicke haben Sie sicher auch schon beim Aufbau der eigenen Krippe zu Hause erlebt.

 

©Robert Kiderle Fotoagentur

In dieser Krippenbauzeit hat mich immer wieder ein Lied von Paul Gerhardt begleitet: „Ich steh an deiner Krippen hier“. Mit einem kleinen Augenzwinkern formte ich den Text zu „Ich steh an meiner Krippen hier“ um. In unserem Gotteslob ist leider nur eine kleine Strophenauswahl des fünfzehnstrophigen Originals abgedruckt.

Anno 2021 treffen diese poetischen Zeilen auf Leserinnen und Leser in bedrängten, pandemischen Zeiten. Passen diese romantisierenden Worte in die diesjährig erneut wirklich „stade“ Zeit?

Dietrich Bonhoeffer hat meinen Blickwinkel dafür etwas geweitet. Bonhoeffer, der den Advent 1943 als Häftling in seiner Zelle durchlebt und dabei auch dieses Lied von Paul Gerhardt meditiert. Von Bonhoeffer ist folgender Briefauszug überliefert: „Außerdem habe ich zum ersten Mal in diesen Tagen das Lied <Ich steh an deiner Krippen hier> für mich entdeckt. Ich hatte mir bisher nicht viel daraus gemacht. Man muss wohl lange allein sein und es meditierend lesen, um es aufnehmen zu können. Es ist in jedem Worte ganz außerordentlich gefüllt und schön. Ein klein wenig mönchisch-mystisch ist es, aber doch gerade nur so viel, wie es berechtigt ist; es gibt eben neben dem Wir doch auch ein Ich und Christus! …“

Zwei Gedanken möchte ich aufgreifen und kurz entfalten.

  1. Man muss wohl lange allein sein

Alleinsein verändert. Durch die Infektionsschutzmaßnahmen waren und sind viele isoliert und allein. Von einem auf den anderen Tag änderte sich die Lebenssituation. Wir haben deutlich zu spüren bekommen, dass dieses Alleinsein Folgen hat. Und dieses Alleinsein hat bei vielen nicht nur den Blick verändert. Wie wohltuend waren doch schon so kleine Gesten wie Anrufe, Nachbarschaftshilfen, Begegnungen auf Video-Plattformen, Musiker die vom Balkon musizieren oder auch Online-Gottesdienstformate. Noch vor gar nicht so langer Zeit unvorstellbar waren diese Dinge nun zu akzeptierten Hilfsmitteln geworden. Nehmen wir einiges von diesen Veränderungen mit in die Zukunft. Gemäß dem Motto: Prüft alles und behaltet das Gute!

 

  1. Es gibt eben neben dem Wir doch auch ein Ich und Christus!

Auch das Wir kann ohne Ich und ohne Christus nicht existieren. Ich muss mich bewegen damit ein Wir zustande kommt. Bewegen nicht in Form zusätzlicher Kontaktsituationen ist hier gemeint. Nein – bewegen im Sinne von etwas bewegen, am gleichen Strang ziehen. Dann können wir auf Christi Beistand hoffen. Ein kleines Mosaiksteinchen kann da Ihre persönliche Entscheidung zur Impfung sein, zu der ich Sie ermutigen möchte.

 

Eine nichtabgedruckte Strophe war mir im Nachklang der Krippenbaukurse besonders nahe:

„Eins aber, hoff ich, wirst du mir,

mein Heiland, nicht versagen:

dass ich dich möge für und für

in, bei und an mir tragen.

So lass mich doch dein Kripplein sein;

komm, komm und lege bei mir ein

dich und all deine Freuden.“

©Robert Kiderle Fotoagentur

Ich wünsche Ihnen von ganzen Herzen gesegnete und frohmachende Weihnachten! Kommen Sie gesund ins und durchs neue Jahr. Möge das Geheimnis der Geburt unseres Herrn in, bei und an Ihnen geschehen.

Mit Papst Franziskus möchte ich auch enden. Er findet einen gebetsähnlichen Abschluss seines Schreibens, wenn er formuliert: „Liebe Brüder und Schwestern, die Krippe ist ein Teil des schönen und anspruchsvollen Prozesses der Glaubensweitergabe. Von Kindheit an erzieht sie uns in jedem Alter dazu, Jesus zu betrachten, die Liebe Gottes zu uns zu spüren; zu fühlen und zu glauben, dass Gott bei uns ist und wir bei ihm und dass dank dieses Kindes, des Sohnes Gottes und der Jungfrau Maria, wir alle Kinder und Geschwister sind. Und zu spüren, dass darin das Glück liegt. In der Schule des heiligen Franziskus wollen wir unsere Herzen dieser einfachen Gnade öffnen; lassen wir zu, dass aus dem Staunen ein demütiges Gebet erwächst: unser „Danke“ an Gott, der alles mit uns teilen wollte, um uns nie allein zu lassen.“

 

Ein frohes Weihnachtsfest und Gottes Segen für das neue Jahr!

Ihr Weihbischof Wolfgang Bischof

#Weihnachtsbotschaft#Weihbischof#WolfgangBischof#Bayernbund

 

 

  • Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Ministerpräsident Dr. Markus Söder und der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. Hans-Joachim Heßler haben bei einem gemeinsamen Festakt das 75-jährige Jubiläum der Bayerischen Verfassung gewürdigt. 
  • Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Harbarth betonte in seiner Festansprache die Bedeutung der Verfassung als „Fundament der Staats- und Werteordnung des Freistaats Bayern“. 
  • Landtagspräsidentin Ilse Aigner: „Unsere Verfassung enthält den Bauplan für unsere freiheitliche Demokratie. Dieser bleibt aktuell – ohne Reibungsverluste durch Wandel und Zeitgeist.“ 

 

Die Präsidentin des Bayerischen Landtags Ilse Aigner, Ministerpräsident Dr. Markus Söder und der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. Hans-Joachim Heßler haben in einem gemeinsamen Festakt im Nationaltheater das 75-jährige Jubiläum der Bayerischen Verfassung gefeiert. Die Festansprache hielt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Harbarth. Corona-bedingt fand der Festakt ohne Gäste statt, wurde jedoch im Bayerischen Fernsehen live übertragen. 

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Harbarth betonte in seiner Rede „die Entschlossenheit, mit der man sich in Bayern schon kurz nach Kriegsende anschickte, die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine bessere Zukunft zu gestalten.“ Zwar habe es „der Lauf der Geschichte bekanntlich mit sich gebracht, dass die Bayerische Verfassung – im Jahr 1946 als Vollverfassung mit dem Anspruch umfassender Maßgeblichkeit konzipiert – in zunehmendem Maße durch andere verfassungsrechtliche Ordnungsrahmen ergänzt und überlagert wurde“ – allen voran durch das Grundgesetz, das im Mai 1949 verkündet wurde. „Trotz dieser Verschiebung der Gewichte bildet die Bayerische Verfassung seit nunmehr 75 Jahren das Fundament der Staats- und Werteordnung des Freistaats Bayern.“

 


Landtagspräsidentin Ilse Aigner hob in der Podiumsdiskussion das Zeitlose der Bayerischen Verfassung hervor: „Unsere Verfassung enthält den Bauplan für unsere freiheitliche Demokratie, für eine wehrhafte Grund- und Werteordnung, für das gesellschaftliche Zusammenleben. Und sie ist klar und einfach formuliert – und bringt die Werte zeitlos zu Papier.”

Bemerkenswert sei zudem, „dass unsere Verfassung nicht nur Grundrechte benennt, sondern auch Grundpflichten formuliert.“ So heiße es in Artikel 117 der Bayerischen Verfassung: „Der ungestörte Genuss der Freiheit für jedermann hängt davon ab, dass alle ihre Treuepflicht gegenüber Volk und Verfassung, Staat und Gesetzen erfüllen.“ „Das zeigt in klaren Worten, das niemand alleine auf der Welt ist. Wir sind ein Gemeinwesen. Egoismen und unbeschränkte – falsch verstandene – Freiheit stehen im Widerspruch zu unserer Vorstellung von einem Gemeinwesen, in dem natürlich jedes Individuum für sich steht, aber im dem wir füreinander Verantwortung tragen und übernehmen.“

Ministerpräsident Dr. Markus Söder betonte: „Bayern steht für Toleranz und Demokratie. Wir leben in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, der auch in der Pandemie funktioniert. Unsere Verfassung hat sich beim Erhalt der Demokratie und bei der Bekämpfung der Pandemie bewährt.“

Auch der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. Hans-Joachim Heßler hob die große Bedeutung des Rechtsstaats für unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen hervor: „Wir sollten uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass vermeintlich selbstverständliche Errungenschaften wie die Rechtsstaatlichkeit alles andere als selbstverständlich sind. Sie sind – das zeigt auch die bayerische Verfassungsgeschichte gut – Schritt für Schritt errungen worden und können unter ungünstigen Umständen auch wieder verloren gehen.“ Alle Institutionen, aber ebenso alle Bürgerinnen und Bürger müssten sich „für den Erhalt des Rechtsstaats einsetzen und stark machen“, so Präsident Dr. Heßler weiter. Dem habe die Rechtsprechung durch transparente und nachvollziehbare Entscheidungen Rechnung zu tragen.

©Bildarchiv Bayerischer Landtag, Foto Rolf Poss

#75JahreBayerischeVerfassung#Bayern#Prof.Dr.StephanHarbarth#LandtagspräsidentinIlseAigner#MinisterpräsidentDr.MarkusSöder#Bayernbund

 

(CK)

 

 

 

Alljährlich zum Bayerischen Verfassungstag am 1. Dezember verleiht der Kreisverband Weilheim-Schongau/Garmisch-Partenkirchen seinen Ehrenring an Persönlichkeiten aus seinem Wirkungsbereich, deren Engagement und Leistung aber über die beiden Landkreise hinausgehen und so ein positives Bild der Region vermitteln.

In diesem Jahr wurde auf einstimmigen Beschluss des Kreisvorstandes Frau Christine Singer aus Hofheim ausgezeichnet.

Sie engagiert sich in vielfältiger Weise für ihre Mitmenschen und Berufskollegen. Seit 2012 ist sie Bezirksbäuerin von Oberbayern und seit 2017 Erste Stellvertretende Landesbäuerin des Bayerischen Bauernverbandes. Im gleichen Jahr wurde sie von ihrem Verband auch in den Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks entsandt.

Leider war es, wie im Vorjahr, auch heuer wegen der Corona-Pandemie nicht möglich, den Ehrenring im Rahmen einer großen Veranstaltung mit allen Mitgliedern zu verleihen. Deshalb kamen der Kreisvorsitzende Ludwig Bertl und der stellvertretende Kreisvorsitzende Altlandrat Luitpold Braun zu Christine Singer auf ihren Hof nach Hofheim, um ihr unter Corona-gerechten Vorgaben zu gratulieren. Auch der Landesvorsitzende Sebastian Friesinger ließ es sich nicht nehmen, an der Zeremonie teilzunehmen.

Als außerordentlicher Glücksfall erwies es sich, dass die stellvertretende Kreisbäuerin von Garmisch-Partenkirchen, Elisabeth Krötz, sich bereit erklärte, die Laudatio für Christine Singer zu übernehmen. Sie kennt Christine Singer seit vielen Jahren und konnte nicht nur ihr vielfältiges Wirken darstellen, sondern auch einige persönliche Anekdoten zum Besten geben.

Anschließend überreichte Kreisvorsitzender Ludwig Bertl die Urkunde und Altlandrat Luitpold Braun steckte Christine Singer den Ring an.

Landesvorsitzender Sebastian Friesinger gratulierte der Geehrten herzlich und stellte ihr außerordentliches Engagement heraus. Weiter betonte er die Bedeutung des Ehrenamtes für unsere Gesellschaft, dem gerade in Pandemiezeiten eine besondere Rolle zukommt.

 

Musikalisch begleitet wurde die Verleihung des Ehrenringes durch Theresa und Johannes Singer.

Christine Singer dankte den Vertretern des Bayernbundes für die Auszeichnung und die anerkennenden Worte. Wichtig sind ihr die Werte, die der Bayernbund vertritt.

Abschließend erläuterte Altlandrat Luitpold Braun die Kriterien für die Vergabe des Ehrenringes, der bereits seit 12 Jahren vergeben wird. Christine Singer ist die erste Frau, die den Ring jetzt erhalten hat. (Fritz Lutzenberger)

 

Bilder: (Fritz Lutzenberger)

Die Verfassung des Freistaates Bayern von 1946 als Teil der amerikanischen Demokratisierungspolitik nach 1945

Festansprache von Prof. Dr. Hermann Rumschöttel, Präsidium der Bayerischen Einigung e.V.
(Nachdruck aus dem Bayernspiegel, Festschrift Verfassungsfeier, München 2021)

Konstanten bayerischer Verfassungsgeschichte zwischen 1808 und 1946: Der Druck von außen, Fremdeinflüsse und Selbstbestimmung

Bayern feiert sich gerne. Die Bayerische Einigung/Bayerische Volkstiftung hat wesentlich dazu beigetragen, dass dabei die Verfassungsgeschichte nicht vergessen wird. Die Konstitution von 1808, die Verfassungs-Urkunde von 1818, die Bamberger Verfassung von 1919 und unsere heutige, Ende 1946 in Kraft getretene „Verfassung des Freistaates Bayern“ waren und sind immer wieder Anlass zu verfassungspatriotischer Erinnerung, zu Jubiläumsfeiern und Gedenkpublikationen. Man feierte und feiert Verfassungsgeschichte als eine Erfolgsgeschichte, die dem bayerischen Volk, der bayerischen Politik, dem bayerischen Staat zu verdanken ist. Dafür gibt es viele und gute Gründe.

Ein wenig in den Hintergrund tritt dabei die Tatsache, dass der Druck von außen und Fremdeinflüsse zu den Konstanten bayerischer Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert gehören. Ohne Napoleon und den Schatten einer Rheinbundverfassung ist die Konstitution von 1808 nicht zu verstehen, ohne den Druck von Wiener Kongress und der Deutschen Bundesakte nicht die Verfassungs-Urkunde von 1818, ohne Weimar, das Reich und die Reichsverfassung nicht die Bamberger Verfassung. Und ohne die amerikanische Militärregierung, ohne die Vereinigten Staaten von Amerika nicht unser heutiges Verfassungsdokument, dessen Entstehung einem amerikanischen Anstoß zu verdanken ist, das materiell von der Militärregierung ständig begleitet und beeinflusst wurde und schließlich von einem immer freundlicher gewordenen Feind unter Auflagen genehmigt worden ist.

Die Wissenschaft und die bayerische Landesgeschichtsschreibung sind dabei schon viel weiter als das allgemeine Geschichtsbewusstsein und das „Mia san mia“-Feeling des stolzen Staatsbayern. Schon der große bayerische Landeshistoriker Michael Doeberl hat 1918 beim Rückblick auf über ein Jahrhundert konstitutionelle bayerische Entwicklung das zusammenfassende Urteil gefällt: „Bayern hat in seinem Verfassungsleben seine Empfänglichkeit für Einwirkungen aus der Fremde wie seine Fähigkeit zu selbständiger, eigenartiger Verarbeitung des Empfangenen bekundet.“

Und was die amerikanischen Leistungen bei der Verfassunggebung und Demokratisierung des nach-nationalsozialistischen Bayern angeht, so liegen zahlreiche einschlägige Veröffentlichungen von Barbara Fait, Reinhard Heydenreuter, Karl-Ulrich Gelberg, Thomas Schlemmer, Annette Zimmer und anderen vor, auf denen die nachfolgenden Ausführungen im Wesentlichen beruhen.

Auch die Landesgeschichtsschreibung, die sich an eine breitere Öffentlichkeit wendet und viele publizistische Äußerungen berücksichtigen den Forschungsstand. Unter der Überschrift „Hochgepäppelt aus Ruinen. Deutschland im Sommer `45. Warum es ein Glück war, den Krieg gegen die Amerikaner verloren zu haben“ schrieb Herbert Riehl-Heyse im Juli 1995 in der Süddeutschen Zeitung: „Das hat es ja in der Weltgeschichte nicht oft gegeben, dass ein Sieger den Besiegten, dessen Schuld nun wirklich deutlich zutage lag, nicht mit Gewehrkugeln und nicht mit riesigen Reparationsforderungen bestrafen, dass er ihm stattdessen helfen wollte, aus welchen Gründen auch immer. Es ist eine Binsenweisheit, dass die Sieger auch weltpolitische, machtpolitische Motive hatten für ihre Hilfe. Und trotzdem ist es einmalig, wie da den zu Boden gegangenen wieder auf die Beine geholfen wurde, finanziell und ideell.“

Hans Nawiasky (1880-1961), Professor für Staatsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München und wichtigsten Berater der Bayerischen Staatsregierung in staatsrechtlichen Fragen bis 1933 und erneut nach 1945. Bildherkunft: https:// https://imp-ccg.unisg.ch/de/wissen/newsroom/aktuell/rssnews/hintergrund/2019/september/geschichtsstunde-hans-nawiasky-13september2019.

Hans Nawiasky (1880-1961), Professor für Staatsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München und wichtigsten Berater der Bayerischen Staatsregierung in staatsrechtlichen Fragen bis 1933 und erneut nach 1945. Bildherkunft: https:// https://imp-ccg.unisg.ch/de/wissen/newsroom/aktuell/rssnews/hintergrund/2019/september/geschichtsstunde-hans-nawiasky-13september2019.

Dass uns diese amerikanische Hilfestellung gerade bei Verfassungsjubiläen nicht immer im angemessenen Maße bewusst war und ist, kann man vielleicht als eine späte Nachwirkung der Skepsis ansehen, mit der von manchen Zeitgenossen die Demokratisierungsaktivitäten der Militärregierung betrachtet worden sind. Zudem haben herausragende Persönlichkeiten der bayerischen Reformkräfte und der neuen politischen Funktionselite wie Wilhelm Hoegner oder Hans Nawiasky mehrfach den amerikanischen Einfluss klein geredet und klein geschrieben in der guten Absicht, dadurch die Akzeptanz der Verfassung in der bayerischen Bevölkerung zu erhöhen.

Die Bayerische Einigung/Bayerische Volksstiftung hat das 75-jährige Jubiläum der Bayerischen Verfassung von 1946 als eine gute Gelegenheit angesehen, die historischen Leistungen der Amerikaner in und für Bayern dankbar zu würdigen und sich über die bis heute geltende Verfassung als Gemeinschaftswerk der US-Militärregierung und der um einem demokratischen Wiederaufbau bemühten bayerischen Politiker der Nachkriegszeit zu freuen. In diesem Sinne wurde das traditionelle, 1967 begründete Verfassungsfest im Jahr 2021 unter dieses Generalthema gestellt.

Wilhelm Hoegner (1887-1980), Jurist, Richter, Hochschullehrer und 1945 bis 1946 sowie 1954 bis 1957 sozialdemokratischer Bayerischer Ministerpräsident. Bildherkunft: https://www.wir-feiern.bayern/geschichte/200-jahre-verfassungsstaat über HdBG

Wilhelm Hoegner (1887-1980), Jurist, Richter, Hochschullehrer und 1945 bis 1946 sowie 1954 bis 1957 sozialdemokratischer Bayerischer Ministerpräsident. Bildherkunft: https://www.wir-feiern.bayern/geschichte/200-jahre-verfassungsstaat über HdBG

Die Organisation der amerikanischen Militärregierung

Im seit April/Mai 1945 von der amerikanischen Armee besetzten Deutschland wurde der Militärregierungsapparat allmählich aus den G-5 Stabsabteilungen der Kampfverbände herausgelöst, die speziell für zivile Angelegenheiten zuständig waren. Für ganz Bayern fungierte seit dem 15. Mai 1945 in München das Regional Military Government Detachment E1F1 (RMG) unter Colonel Charles E. Keegan. Wie überall, so standen auch hier die Aufgaben zur Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung, der organisatorische und personelle Aufbau von Verwaltungsinstitutionen, die Sicherung von Ernährung, Wohnraum und medizinischer Versorgung sowie Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Ermittlung und Bestrafung von Kriegsverbrechern ganz im Vordergrund der Aktivitäten. Für das Verhältnis zur bayerischen Bevölkerung waren Distanz und Fraternisierungsverbot vorgegeben. In der grundsätzlichen amerikanischen Handlungsrichtlinie, der Direktive JCS 1067, die offiziell von April 1945 bis Juli 1947 galt, hieß es unmissverständlich, dass Deutschland nicht aus Gründen der Befreiung, sondern als geschlagene Feind-nation besetzt werde. Die Besatzungsrealität entfernte sich allerdings bald und aus unterschiedlichen pragmatischen und prinzipiellen Gründen von dieser harten Ausgangsposition.

Im Juni 1945 wurde Bayern als Eastern Military District des amerikanischen Besatzungsgebiets der 3. US-Armee zugewiesen, dessen Oberbefehlshaber George S. Patton auch das Amt als bayerischer Militärgouverneur ausübte und dessen G-5 Abteilung des Generalstabes das Münchner RMG unterstand. Zum 1. Oktober erfolgte die Zusammenführung von RGM und der G-5 Abteilung zu einem neuen Office of Military Government unter der Leitung eines Direktors. „In the Eastern Military District, the regional military government detachment and G-5 Section of the army will be designated the Office of Military Government for Bavaria.“

An der Spitze dieses „Office of Military Government for Bavaria“ (OMGBY) standen General Walter J. Muller (bis November 1947), bisher in der 3. US-Armee für die Logistik zuständig, und Colonel Roy L. Dalferes, bisher Leiter der G-5 Stabsabteilung der 3. US-Armee. Das Office of Military Government for Bavaria waren direkt der amerikanischen Militärregierung in Berlin (OMGUS) nachgeordnet, die von General Lucius D. Clay geleitet wurde.

Lucius D. Clay und die Initiative zur Verfassunggebung in den Ländern der US-Zone

Am Beginn der Verfassunggebung in den Ländern der US-Zone, also in Bayern, Württemberg-Baden und Hessen stand ein Befehl der amerikanischen Militärregierung, konkret eine entsprechende Willensäußerung des stellvertretenden Militärgouverneurs und Chefs von OMGUS, Lucius D. Clay. Es war in erster Linie seine, im Herbst 1945 entwickelte Vorstellung, dass noch im Jahr 1946 die unter US-Herrschaft stehenden Länder nicht nur über eine feste konstitutionelle Grundlage verfügen sollten, sondern an der Spitze auch über Regierungen, die von einer parlamentarischen Mehrheit getragen wurden. In enger Verbindung damit standen Clays Wünsche nach einer Aktivierung des politischen Lebens durch Wahlen. Schon im Oktober 1945 sah er die Zeit gekommen, „Demokratie“ und Wertewandel dadurch zu stärken. In einem Bericht an den amerikanischen Kriegsminister schrieb er: „It seems to me time to take the next step, to hold elections.“

General Lucius D. Clay (1898-1978) war ab Mai 1945 Stellv. Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland, 1947 bis 1949 war er Militärgouverneur in Deutschland und Befehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa. Bildherkunft:  https://www.army.mil/article/216006/gen_lucius_d_clay_a_brilliant_administrator

General Lucius D. Clay (1898-1978) war ab Mai 1945 Stellv. Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland, 1947 bis 1949 war er Militärgouverneur in Deutschland und Befehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa. Bildherkunft:  https://www.army.mil/article/216006/gen_lucius_d_clay_a_brilliant_administrator

Sowohl bei seinem Wunsch nach Wahlen, die die Bevölkerung politisch mobilisieren sollten, als auch bei seiner Vorstellung, so rasch als möglich in der US-Zone Länderverfassungen erarbeiten und in Kraft treten zu lassen, musste er sich über starke Widerstände seiner engeren Berater, über Bedenken aus Washington, aber auch über Wünsche und Vorschläge der Ministerpräsidenten der amerikanischen Zone hinwegsetzen, die eine Verschiebung unter anderen bis zur endgültigen Etablierung politischer Parteien für nötig hielten. Clay beharrte auf seinen Vorstellungen und seinem Zeitplan und so erfolgte mit den Gemeindewahlen im Januar 1946, nur 8 Monate nach der bedingungslosen Kapitulation, ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zu einer Re-Demokratisierung von unten nach oben.

Auch bei der Verfassunggebung drängte er zur Eile. Im November oder Anfang Dezember 1945 erteilte er seinem Berater James Kerr Pollock, im Zivilleben Staatsrechtsprofessor an der Universität Michigan, den Auftrag, mit den Ministerpräsidenten der US-Zone über die Möglichkeit von Wahlen von Verfassunggebenden Landesversammlungen zu sprechen, für die Clay die Monate Mai oder Juni 1946 vorschwebten. Zwar rieten Wilhelm Hoegner und die anderen Länderchefs von einem solchen engen Zeitplan ab, aber Pollock schloss sich letztlich Clays Vorschlägen an, an denen er festhalten solle, wenn es das amerikanische Ziel sei, „to speed up the restoration of Democratic institutions.“

Auch ein auf Zeit spielender, höchst sachkundig besetzter Arbeitsausschuss der OMGUS-Civil Administration Branch – unter anderen gehörte diesem der 1933 von München in die USA emigrierte Verfassungsrechtler Carl Loewenstein an – konnte Clay nicht umstimmen. Nach dem von ihm aufmerksam beobachteten und im Ergebnis positiv beurteilten Gemeindewahlen beauftragte er die Direktoren der Militärregierungen in Bayern, Hessen und Württemberg-Baden, zwischen dem 26. Mai und den 30. Juni 1946 Wahlen zu Verfassunggebenden Landesversammlungen auf den Weg zu bringen. Clays enger Zeitplan sah ferner vor, dass spätestens bis Ende des Jahres die Länder über genehmigte Verfassungen und demokratisch legitimierte Regierungen verfügen sollten.

In Bayern informierte Wilhelm Hoegner am 30. Januar 1946 sein Kabinett, dass die Militärregierung ihm den Auftrag gegeben habe, „eine Kommission für die Ausarbeitung einer bayerischen Verfassung in Vorschlag zu bringen“. Am 8. Februar 1946 wurde dieser Auftrag von Walter J. Muller in offizieller Form erteilt. Nun nahmen die Dinge ihren Lauf und die Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversammlung fanden schließlich tatsächlich am 30. Juni 1946 statt.

Es ist also nicht übertrieben, wenn man in General Lucius D. Clay den Initiator und spiritus rector der Bayerischen Verfassung sieht. Der 1897 geborene Soldat war 1945 Stellvertreter Eisenhowers und der eigentlich Verantwortliche für die amerikanische Militärregierung in Deutschland geworden. Von 1947 bis 1949 fungierte er als Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland.

Im Rahmen seiner Möglichkeiten betrieb und förderte er eine demokratisierende, liberale und marktwirtschaftlich ausgerichtete Besatzungspolitik, die wesentlich das Leben in den Ländern der US-Zone in den Jahren des Neuanfangs und Wiederaufbaus prägte. Die Bayerische Verfassung von 1946 hat mehrere Väter; einer davon ist Lucius D. Clay.

US-Motive der Verfassunggebung und Demokratisierung

Welche Interessen und Zielvorstellungen standen hinter Clays Drängen, in der amerikanischen Zone möglichst rasch den Weg von Demokratisierung und Verfassunggebung zu beschreiten? Die Quellen lassen verschiedene Motive erkennen, deren jeweilige Gewichtung nicht leicht zu ermitteln ist.

Obwohl „Demokratisierung“ in den ersten Monaten der Besatzungsherrschaft nicht im Vordergrund der amerikanischen Aktivitäten stand, darf man doch davon ausgehen, dass sie als politisch-ideelle weltanschauliche Basis bei Clay von Anfang an zu den fundamentalen Triebkräften seinen Handelns gehörte. Je mehr er erkannte, dass es auf deutscher Seite personelle und politische Anknüpfungspunkte gab, die dem Demokratisierungsprozess den Charakter gemeinschaftlichen Vorgehens verliehen, verfestigte sich seine Überzeugung, dass es richtig sei, den zögerlichen, Zurückhaltung empfehlenden Beratern nicht nachzugeben. Die kommunalen Januarwahlen 1946 sind hierfür ein überzeugendes Beispiel. In einem größeren Rahmen konnte sich Clay auch von den Festlegungen des Potsdamer Abkommens gestärkt fühlen, mit denen die Alliierten eine Demokratisierungspolitik fördern wollten.

Aber Clay dachte natürlich nicht nur politisch-ideell, sondern auch ökonomisch. Die hohen und laufend steigenden Besatzungskosten, ein Punkt öffentlicher Kritik auch in der amerikanischen Heimat, konnten nur reduziert werden, wenn man möglichst rasch und möglichst umfänglich administrative und organisatorische Aufgaben an deutsche Institutionen und Personen übertragen und sich auf Kontrollfunktionen beschränken konnte.

In der Mitte Brigadegeneral Walter J. Muller (1895-1967), Oktober 1945 bis November 1947 Direktor des Office of Military Government for Bavaria (OMGBY), bei einer Konferenz zwischen ihm, Abteilungsleitern von OMGBY und Ministerpräsident Wilhelm Hoegner sowie Mitgliedern seines Kabinetts. Ein Datum war nicht zu ermitteln. Entnommen aus: https://www.bayerischer-ministerrat.de – Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1962 online. Kabinett Hoegner I 1945/46 (Im Druck erschienen als: Das Kabinett Hoegner I. 28. September 1945 bis 21. Dezember 1946. 2 Teilbände. Bearb. von Karl-Ulrich Gelberg, hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayern. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1997)

In der Mitte Brigadegeneral Walter J. Muller (1895-1967), Oktober 1945 bis November 1947 Direktor des Office of Military Government for Bavaria (OMGBY), bei einer Konferenz zwischen ihm, Abteilungsleitern von OMGBY und Ministerpräsident Wilhelm Hoegner sowie Mitgliedern seines Kabinetts. Ein Datum war nicht zu ermitteln. Entnommen aus: https://www.bayerischer-ministerrat.de – Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1962 online. Kabinett Hoegner I 1945/46 (Im Druck erschienen als: Das Kabinett Hoegner I. 28. September 1945 bis 21. Dezember 1946. 2 Teilbände. Bearb. von Karl-Ulrich Gelberg, hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayern. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1997)

Am Ende des Jahres 1945 bestand der personelle Apparat des Office of Military Government for Bavaria aus 1.415 Offizieren und 2.678 Soldaten, insgesamt also 4.093 Mann. In Wahlen, Parteizulassungen und einer Verfassung sah man Möglichkeiten, die mehrfach beklagte politische Apathie der bayerischen Bevölkerung zu überwinden und Mitwirkungsbereitschaft, Engagement und Mitverantwortung zu fördern, Vertrauen und Zukunftsperspektiven bei den bayerischen Menschen zu stärken – und das Personal der Militärregierung zu reduzieren. Ende 1946 gehörten OMGBY nur mehr 1.543 Personen an, 513 Offiziere, 417 Zivilangestellte und 613 Soldaten.

Auch das Ziel eines föderalistischen und dezentralisierten Aufbaus des neuzuordnenden Deutschlands spielte bei der amerikanischen Politik der Verfassunggebung in den Ländern ihrer Zone eine wichtige Rolle, wobei man zugleich gegen davon abweichende Vorstellungen der anderen Besatzungsmächte Zeichen setzen und Fakten schaffen wollte.

Die OMGUS-Proklamation Nr. 2 vom 19. September 1945 hatte in der amerikanischen Besatzungszone „Verwaltungseinheiten gebildet, die von jetzt ab als Staaten bezeichnet werden; jeder Staat wird eine Staatsregierung haben“. Damit waren Bayern, Groß-Hessen und Württemberg-Baden errichtet. Verfassungen sollten die Länderregierungen demokratisch legitimieren und deren Stellung und Selbstbewusstsein in einem neuen Deutschland stärken.

Auch hier gab es ökonomische Erwägungen. Es ging um starke Länder, mit denen man eine Wirtschaftseinheit verwirklichen konnte. „Angesichts der prekären Lage der deutschen Wirtschaft war (…) die Eile, mit der Clay sein Demokratisierungsprogramm durchzuziehen bemüht war, völlig plausibel.“ (Barbara Fait).

Schließlich ist als Motiv auf die Entwicklung der internationalen politischen Lage, die zunehmenden Spannungen zwischen den westlichen Besatzungsmächten und der Sowjetunion zu verweisen. Stabilisierung im eigenen Machtbereich erschien vor dem Hintergrund des West-Ost-Verhältnisses als eine wichtige politische Aufgabe, um den Rücken frei zu haben für Konflikte, die sich bereits am Horizont abzeichneten.

US-Methoden der Verfassunggebung und Demokratisierung

Die Bedeutung der Verfassunggebung im Denken und Handeln Clays kam auch darin zum Ausdruck, dass er diese nicht nur aus organisatorischen Gründen – es waren alle Länder der US-Zone betroffen – als eine Aufgabe der amerikanischen Militärregierung insgesamt (OMGUS) verstand. In diesem Sinne lag die Zuständigkeit bei der Civil Administration Division (CAD) von OMGUS und einem dafür geschaffenen „Committee on German Governmental Structures“. In einer Kombination von klaren Vorstellungen über die Grundlinien und roten Linien, zurückhaltender Kontrolle und gleichsam vertrauensvollem gewähren und machen lassen, nahm man meist nur indirekt, durch persönliche Gespräche und Überzeugungsarbeit und durch ständige Beobachtung Einfluss auf die Verfassungsberatungen. Barbara Fait und Thomas Schlemmer haben zu Recht betont, dass sich die Besatzungsbehörden darum bemühten, „den Akt der Verfassunggebung aus dem Besatzungsalltag herauszulösen“ und eine „Atmosphäre von Freiheit“ (Lucius D. Clay) zu schaffen, in der die bayerischen bzw. deutschen Politiker ihre Vorstellungen frei entfalten konnten.

Diese Zurückhaltung im methodischen Vorgehen und die oftmals – aber nicht immer – indirekte Einflussnahme der Besatzungsbehörden dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Anteil der Militärregierung an der Entstehung und dem materiellen Inhalt der Verfassung erheblich gewesen ist. „Tatsächlich nahm die Militärregierung“ – so Karl-Ulrich Gelberg 2003 in Korrektur der bisherigen Forschung – „in umfangreichem Maße und auch substantiell Einfluss auf zahlreiche Artikel der Verfassung.“ Den Protokollen der vorberatenden bayerischen Organe lassen sich die Vorgabe und die Akzeptanz amerikanischer Änderungswünsche in vielen Fällen nicht entnehmen,

Als amerikanischer Beobachter von OMGUS begleitete Roger H. Wells, im Zivilleben Professor für Politische Wissenschaften, die bayerischen Beratungen. Er ließ sich laufend von Mitarbeitern informieren und nahm auch vereinzelt selbst an den Sitzungen teil. Am 7. August 1946 stellte er im Verfassungsausschuss der Verfassunggebenden Landesversammlung als weitere amerikanische Sonderberater in der Frage der Landesverfassung und ständige Ansprechpartner für die bayerische Seite Albert C. Schweizer und John P. Bradford von der Civil Administration Division der amerikanischen Militärregierung in Bayern vor. „Wir stehen ihnen jederzeit zur Verfügung und würden gern von Zeit zu Zeit zwanglos mit ihnen zusammenkommen. Wir beabsichtigen nicht, an irgendwelchen Sitzungen ihrer Ausschüsse oder der Verfassunggebenden Landesversammlung selbst teilzunehmen, aber wir hoffen, dass die Fraktionsführer und die Mitglieder des Verfassungsausschusses ihre Probleme frei und ungezwungen mit uns besprechen werden.“

Die bei der Entstehung der Bayerischen Verfassung von den Amerikanern praktizierte Methode, durch Hintergrundgespräche, Anregungen und Empfehlungen bei gleichzeitig deutlicher Sprache entscheidenden Einfluss zu nehmen, kennzeichnet bis 1949 auch das Verhältnis von OMGBY und bayerischer Gesetzgebung.

Insgesamt gesehen ist die Bayerische Verfassung von 1946 ein Gemeinschaftswerk von Lucius D. Clay, amerikanischen Militärregierungsstellen (OMGUS, OMGBY), Washingtoner Ministerien und den bayerischen Politikern in den verschiedenen vorberatenden und verfassunggebenden Gremien, wobei Wilhelm Hoegner aus verschiedenen Gründen eine besondere Rolle zugebilligt werden muss.

Verfassungsentstehung in Bayern: Die konkreten Abläufe  

Der zeitliche Ablauf der konkreten Verfassunggebung in Bayern ist rasch erzählt. Der Sozialdemokrat Wilhelm Hoegner, von den Amerikanern Ende September 1945 zum „Minister President of the State of Bavaria“ ernannt, war bereits vorinformiert, als er am 8. Februar 1946 den offiziellen Auftrag erhielt, „eine Kommission für die Ausarbeitung einer bayerischen Verfassung in Vorschlag zu bringen“. In dem neunköpfigen Gremium, dem Vertreter der SPD, der CSU und der KPD angehörten, übernahm er selbst den Vorsitz. Der renommierte Staatsrechtler Hans Nawiasky, mit dem Hoegner im Schweizer Asyl Gespräche über die Verfassungszukunft Bayerns und Deutschlands geführt hatte, wurde als Sachverständiger beigezogen.

Es ging weit über die Vorstellungen der Amerikaner hinaus, dass Hoegner diesem Vorbereitenden Verfassungsausschuss bereits bei der konstituierenden Sitzung den „Entwurf einer Verfassung des Volksstaates Bayern“ vorlegte. Vorarbeiten aus dem Schweizer Asyl erweiterte Hoegner in kurzer Zeit zu einem Text, der in Umrissen bereits die endgültige Verfassung in Form und Inhalt erkennen ließ. Diese Präjudizierung der nun folgenden Beratungen ist ein wesentlicher Grund für den starken Anteil bayerischer und deutscher Verfassungsvorstellungen, die sich an der Weimarer und der Bamberger Verfassung orientierten, wobei man deren als Fehler oder Demokratiegefährdung bewertete Regelungen vermeiden wollte. Die amerikanischen Einflüsse wurden dadurch in erheblichem Umfang zu Korrekturen, Modifikationen, Streichungen und Ergänzungen. Ein wenig erinnert dieses „Vorpreschen“ Hoegners an die Eile Maximilian von Montgelas bei der Erarbeitung der bayerischen Konstitution von 1808 zur Abwehr von zu starken Vorgaben und Eingriffen Napoleons.

Das Ergebnis der Arbeit des Vorbereitenden Verfassungsausschusses ging in der zweiten Maihälfte an die Militärregierung und wurde bei OMGUS von dem erwähnten „Interdivisional Committee on German Governmental Structure“ geprüft. Ergebnis war eine Denkschrift zu den Verfassungsentwürfen von Bayern, Groß-Hessen und Württemberg-Baden, die dann bei den Beratungen der Verfassunggebenden Landesversammlung zum Grundlagenmaterial gehörte.

Die bayerische Verfassunggebende Landesversammlung, Ergebnis der ersten landesweiten demokratischen Wahlen am 30. Juni 1946, hatte zwar eine parteipolitische Zusammensetzung mit eindeutigen Mehrheitsverhältnissen (CSU 109, SPD 51, KPD 9, Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung/WAV 8 und FDP 3 Sitze), aber diese hatten keine größere Bedeutung für die vornehmlich konsensorientierten Verfassungsberatungen. Der ständige Blick auf die Besatzungsmacht hat dieses typische politische Nachkriegsverhalten erkennbar gestärkt.

Die eigentliche Arbeit leistete der aus 21 Mitgliedern bestehende Verfassungsausschuss der Verfassunggebenden Landesversammlung, in dem vor allem Wilhelm Hoegner und die CSU-Abgeordneten Hans Ehard, Alois Hundhammer und Michael Horlacher für Kompromissformeln und Einmütigkeit sorgten. Der Ausschuss legte der Landesversammlung einen „Entwurf einer Bayerischen Verfassung“ sowie einen ergänzenden Bericht vor, in dem die wichtigsten strittigen Fragen – das Amt eines Staatspräsidenten und der Wunsch nach einer Zweiten Kammer, einem Senat – thematisiert wurden. Am 26. Oktober 1946 nahm die Landesversammlung den Entwurf an, nachdem Lucius D. Clay bereits am 24. Oktober seine Zustimmung erteilt hatte, allerdings verbunden mit einer eindeutigen Interpretation des Artikels 178. Der Beitritt Bayerns zu einem zukünftigen deutschen Bundesstaat sei nicht fakultativ, sondern obligatorisch. Dieser deutliche und harte Eingriff Clays ist eines der ganz wenigen Beispiele direkter und kompromissloser amerikanischer Einflussnahme und eine direkte Folge der US-Deutschlandpolitik.

Stimmabgabe bei Wahlen 1946 in München. Bei einer Wahlbeteiligung von knapp 76 % stimmten am 1. Dezember 1946 in einer Volksabstimmung 70 % der Wählerinnen und Wähler für die Annahme der neuen Bayerischen Verfassung. Bild: www.army.mil

Stimmabgabe bei Wahlen 1946 in München. Bei einer Wahlbeteiligung von knapp 76 % stimmten am 1. Dezember 1946 in einer Volksabstimmung 70 % der Wählerinnen und Wähler für die Annahme der neuen Bayerischen Verfassung. Bild: www.army.mil

Am 1. Dezember 1946 konnte die bayerische Bevölkerung über den Verfassungsentwurf abstimmen und zugleich den ersten Nachkriegslandtag wählen. Bei einer Wahlbeteiligung von knapp 76 % stimmten 70 % für die neue Verfassung, die Hoegner am Tag darauf ausfertigte und die schließlich am 8. Dezember in Kraft trat. Lucius D. Clays Zeitvorstellungen hatten sich in vollem Umfang erfüllt.

Die konkrete amerikanische Einflussnahme *(Einzelbeispiele)

Die Vorgaben der Militärregierung für den Verfassungsinhalt hielten sich zunächst in engen Grenzen. Die Verfassung sollte einen Grundrechtskatalog und einen weitgehenden Schutz der Grundrechte enthalten. Hier war der amerikanische Druck erheblich und nicht ohne Grund ist in der Forschung festgestellt worden, dass erst die Militärregierung den bayerischen Verfassungspolitikern ein modernes Grundrechtsverständnis vermittelt hat. Am 22. Oktober 1946 berichtete Hoegner von einem Gespräch mit Roger H. Wells: „Er hat uns dargelegt, dass in den Vereinigten Staaten von Amerika die Ausnahmen von den Grundrechten durch den höchsten Gerichtshof im Laufe der Zeit geschaffen und umgrenzt worden sind. Mr. Wells hat anerkannt, dass wir selbstverständlich nicht auf eine Entwicklung des Verfassungslebens von 150 Jahren zurückblicken können.“ Der dezidierte Schutz der Grundrechte und die Einführung des in Deutschland und Europa einmaligen Jedermannsrecht der Popularklage vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof haben kräftige amerikanische Wurzeln.

Die zweite „rote Linie“, die den Spielraum der Verfassunggebenden Landesversammlung einschränkte, war der amerikanische Wunsch, die Verfassung solle Regelungen enthalten, die die Übertragung von Hoheitsrechten auf „gesamtdeutsche“ Institutionen ermöglichten. Allen fundamental-föderalistischen oder separatistischen bayerischen Vorstellungen war damit der Boden entzogen. Und das in einer politischen Gesamtsituation, in der man in Bayern intensiv über staatliche Souveränität und Selbstständigkeit nachdachte. In der letzten Sitzung der Verfassunggebenden Landesversammlung wurde ein Brief General Clays verlesen, der apodiktisch jede Art von Partikularismus oder Separatismus ausschloss und ausdrücklich formulierte, dass der in die Verfassung (Art. 178) aufgenommene bayerische Wille, einem zukünftigen deutschen Bundesstaat beizutreten nicht als Recht, sondern als alternativlose Pflicht zu verstehen sei.

An dieser Stelle können nicht die zahlreichen amerikanischen Interventionen zu einzelnen Verfassungsartikeln angesprochen oder alle Streichungen – etwa der Bestimmungen über die Planwirtschaft, die staatliche Überwachung des Geld- und Kreditwesens und des Außenhandels – im Detail erläutert werden. Wichtig war den Amerikanern die Garantie der örtlichen Selbstverwaltung, die politische Neutralität der Beamten, die Festlegung ihrer Leistungen durch Prüfungen im Wege des Wettbewerbs sowie das Bekenntnis zum „demokratisch-konstitutionellen Staat“.

„Moniert wurden u. a. die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts bei der Normenkontrolle, der Ausschluss der Öffentlichkeit bei Landtagsverhandlungen, der nicht an Bedingungen geknüpft war, sowie die Zwangsmitgliedschaft in kulturellen Körperschaften, Selbstverwaltungsorganen der Wirtschaft und Organisationen der Verbraucher und Erzeuger.“ Das Notstandsrecht wurde befristet, die Verpflichtung der Presse zu sachlicher Berichterstattung gestrichen – „darin hatte die Militärregierung einen Ansatzpunkt für Pressezensur gesehen – und bei der Wahl der Senatoren (wurde) die Formel ‚nach demokratischen Grundsätzen‘ ergänzt.“ (Karl-Ulrich Gelberg). In Artikel 184 musste ein Vorrang für die Entnazifizierungsgesetze der unmittelbaren Nachkriegszeit normiert werden: „Die Gültigkeit von Gesetzen, die gegen Nationalsozialismus und Militarismus gerichtet sind oder ihre Folgen beseitigen wollen, wird durch diese Verfassung nicht berührt oder beschränkt.“

Bleibt das zusammenfassende Urteil eines nicht unerheblichen amerikanischen Einflusses auf den materiellen Inhalt der Bayerischen Verfassung, als deren Orientierungsmuster also keineswegs nur die Weimarer und die Bamberger Verfassung sowie von Hoegner und Nawiasky in der Schweiz gewonnene Einsichten und Erfahrungen gesehen werden dürfen. Auffallend bei den Interventionen ist der Eindruck, dass Vorgaben, die von Lucius D. Clay persönlich kamen, unverzüglich umgesetzt worden sind. In den anderen Fällen scheint es gewisse Spielräume bei der Erörterung gegeben zu haben.

Lieutenant John D. Skilton (1909-1992), beim Holzankauf um das beschädigte Dach der Residenz in Würzburg abzusichern und die Tiepolo-Fresken dort zu retten. Der US-Offizier war einer der „Monument Man“ – im gleichnamigen Film blieb der Kunst- historiker 2014 allerdings unerwähnt. Bild: https://www.monumentsmenfoundation.org/skilton-lt-john-d-jr

Lieutenant John D. Skilton (1909-1992), beim Holzankauf um das beschädigte Dach der Residenz in Würzburg abzusichern und die Tiepolo-Fresken dort zu retten. Der US-Offizier war einer der „Monument Man“ – im gleichnamigen Film blieb der Kunst- historiker 2014 allerdings unerwähnt. Bild: https://www.monumentsmenfoundation.org/skilton-lt-john-d-jr

Amerika und die Wiedererrichtung der Demokratie *in Bayern (1945-1952): Der größere Rahmen

Der Einfluss der Amerikaner auf die Entstehung und die Formulierung der Bayerischen Verfassung 1946 war lediglich ein Teilbereich der Bemühungen der Militärregierung um Demokratisierung, demokratische Erneuerung, rechtsstaatlichen Wiederaufbau, „reorientation toward democracy and peace“, war ein Segment im weiten Feld der amerikanischen Politik- und Kulturoffensive in den Jahren unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Wichtige Wurzeln dieser Offensive reichen bis in die Zeit der Vorbereitung und Schulung des Militärregierungspersonals zurück. Schon im Mai 1942 begann die neue School of Military Government in Charlottesville (Virginia) mit ihrem Schulungsprogramm. Thomas Schlemmer hat mit Blick auf Bayern zusammenfassend festgestellt: „Die Qualität des in den USA ausgebildeten Militärregierungspersonals, auf dessen Auswahl die zuständigen Rekrutierungsbüros der Army einige Sorgfalt verwendet hatten, war erstaunlich hoch.“

Im Rahmen der vorliegenden, auf die Verfassunggebung zielenden Ausführungen kann auf das umfassende Spektrum der amerikanischen Initiativen und Projekte nur kurz hingewiesen werden. Es reicht von den Aktivitäten der Kunstschutzoffiziere in der kämpfenden Truppe, beispielsweise dem Retter der Tiepolo-Fresken in der Würzburger Residenz John D. Skilton, bis zu den vielfältigen Aktivitäten der Kreis Resident Officers (1949-1952), die Thomas Schlemmer als McCloys Botschafter in der Provinz bezeichnet hat; er reicht von der zunächst mit strengen Auflagen und Kontrollen verbundenen Zulassung politischer Parteien über die Lizensierung der Presse bis zu den nicht sehr erfolgreichen Versuchen, traditionelle Strukturen im Bildungsbereich, in der Handwerksorganisation oder im öffentlichen Dienst zu verändern, zu modernisieren. Ganz im Vordergrund standen zunächst die politische Säuberung und Entnazifizierung, deren Bilanz zwar zwiespältig ist, die aber dennoch einen unverzichtbaren Beitrag zu einer demokratischen Erneuerung geleistet haben. Vieles muss hier ungesagt bleiben, aber es kann kein Zweifel daran bestehen, dass man in der Verfassungsinitiative und der Verfassungsförderung die Highlights der amerikanischen Demokratisierungspolitik nach 1945 in Bayern und Deutschland sehen darf.

 

Literaturhinweise:

Barbara Fait: „In einer Atmosphäre von Freiheit“. Die Rolle der Amerikaner bei der Verfassunggebung in den Ländern der US-Zone 1946, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 33 (1985), S. 420-455.

Barbara Fait: Demokratische Erneuerung unter dem Sternenbanner. Amerikanische Kontrolle und Verfassunggebung in Bayern 1946, Düsseldorf 1998.

Karl-Ulrich Gelberg: Unter amerikanischer Besatzung 1945-1949, in: Alois Schmid (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte Band IV/Erster Teilband, Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage, München 2003, S. 646-802.

Karl-Ulrich Gelberg: Die Protokolle des Vorbereitenden Verfassungsausschusses in Bayern, München 2004.

Reinhard Heydenreuter: Office of Military Government for Bavaria, in: Christoph Weisz (Hrsg.): OMGUS-Handbuch. Die amerikanische Militärregierung in Deutschland 1945-1949, S. 143-315.

Wilhelm Hoegner: Besatzungsmacht und bayerische Verfassung von 1946. Zum zehnjährigen Bestehen der bayerischen Verfassung, in: Bayerische Verwaltungsblätter 1956, S. 353-354.

Maximilian Lanzinner: Zwischen Sternenbanner und Bundesadler. Bayern im Wiederaufbau 1945-1958, Regensburg 1996.

Heinrich Oberreuter/Jürgen Weber (Hg.): Freundliche Feinde? Die Alliierten und die Demokratiegründung in Deutschland, München und Landsberg am Lech 1996. In diesem Sammelband vor allem:

Thomas Schlemmer: Der Amerikaner in Bayern. Militärregierung und Demokratisierung nach 1945, S. 67-99.

Hermann Rumschöttel: Stationen, Verbindungen und Weichenstellungen der bayerischen Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, in: Horst Gehringer u. a. (Hrsg.): Demokratie in Bayern. Die Bamberger Verfassung von 1919, Bamberg 2019, S. 19-35.

Hermann-Josef Rupieper: Die Wurzeln der westdeutschen Nachkriegsdemokratie. Der amerikanische Beitrag 1945-1952, Opladen 1993.

Thomas Schlemmer: McCloys Botschafter in der Provinz. Die Demokratisierungsbemühungen der amerikanischen Kreis Resident Officers 1949-1952, in: Viertelsjahrshefte für Zeitgeschichte 47 (1999), S. 265-297.

Annette Zimmer: Demokratiegründung und Verfassungsgebung in Bayern. Die Entstehung der Verfassung des Freistaates Bayern von 1946, Frankfurt a. M. 1987