Bayernbund lud zu Diskussion ins Landratsamt Rosenheim

“Zukunft unserer Dörfer” Bayernbund lädt zur Diskussion ins Landratsamt Rosenheim

Gemeinsame Sorge um Zukunft der Dörfer

Rosenheim (hö) – Um die Zukunft der Dörfer machten sich einen Abend lang auf Initiative des Bayernbund-Kreisverbandes Rosenheim mehrere Referenten und über 70 weitere Verantwortungsträger (Bürgermeister aus den 47 Landkreis-Gemeinden sowie Vertreter von Verbänden, Behörden und Institutionen) im Landratsamt Rosenheim Gedanken. Auf dem Podium waren Landrat Wolfgang Berthaler, Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer von der Stadt Rosenheim, August Voit als Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags im Kreisverband Rosenheim, Josef Bodmaier als Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes und Martin Gruber, Regionalreferent der IHK Rosenheim. Die Moderation übernahm Dr. Franz Dirnberger, Direktor des Bayerischen Gemeindetags. „Handlungsbedarf durch vielerlei Wandel“ – so das Fazit der lebendigen Vorträge und Diskussion.

Christian Glas als Vorsitzender des Bayernbund-Kreisverbandes Rosenheim erinnerte eingangs daran, dass die Veranstaltung „Zukunft der Dörfer“ bereits zum vierten Mal durchgeführt wird und dass mit der Aschauer Veranstaltung ein bis nach Brüssel reichender Impuls zum Thema „Bauen für Einheimische“ erreicht wurde. Moderator Dr. Franz Dirnberger zitierte eingangs Ministerpräsident Dr. Markus Söder, der im Vorjahr als Heimatminister sagte: „Der ländliche Raum ist das Herz und die Seele Bayerns, mehr als die Hälfte Bayerns leben dort, 44 Prozent der Wirtschaftskraft Bayerns wird hier erwirtschaftet. Nur wenn es dem Leben auf dem Land gut geht, geht es auch Bayern gut“. Dr. Dirnberger analysierte diese Aussage und sagte: „Es besteht wirtschaftlich ein Ungleichgewicht zwischen Städten und dem Land, in Rosenheim allerdings ist es anders, hier ist alles vertreten vom ländlichen Raum bis hin zur Stadt“. Außerdem –so Dr. Dirnberger – soll die Parteipolitik keine Rolle spielen, da es in den verschiedenen Landkreisen ganz unterschiedliche Situationen gibt, die wiederum individuelle Lösungen erfordern.


„Die kommunale Selbstbestimmung ist in Gefahr“

Als erster Redner stellte Landrat Wolfgang Berthaler fest, dass die Kommunen immer mehr Verantwortung bekommen und er sagte: „Die Gemeinden werden immer mehr daran gemessen, wie es um Kindergärten, Kinderkrippen, Schulen und Nahverkehr steht. Weitere Herausforderungen für die Zukunft werden die Seniorenarbeit und die Behindertenbetreuung sein“. Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer bat um weitere Entwicklung von Förderprogrammen, um die Kommunen zu stärken, damit die Gemeinden Heimat sind, damit Brauchtum nicht verfällt und damit die Landwirtschaft auch fortan eine schöne Kulturlandschaft darstellt. August Voit vom Bayerischen Gemeindetag klagte, dass die Gemeinden immer mehr mit Aufgaben, Gesetzen, Vorschriften und überbordender Bürokratie überladen werden, ohne ihnen die notwendigen Instrumente zu geben und die notwendige Finanzierung zu gewährleisten. „Die kommunale Selbstbestimmung ist in Gefahr“, so August Voit. Josef Bodmaier vom Bayerischen Bauernverband kritisierte zu viele Gutachten bei Aussiedlungen, die derzeitigen Regelungen zu Ausgleichsflächen und das Bundesbaugesetz, das geändert werden müsse, wenn es um Wohnraum-Schaffung bei den alten Bausubstanzen geht. Ergänzend fügte Moderator Dirnberger ein, dass die hohe Besteuerung die Landwirte abschreckt, Flächen für Bauland aus dem Betriebsvermögen herauszunehmen. Von guten Voraussetzungen durch die Landschaft, mittelständische Struktur und guten Bildungsangebote sprach Martin Gruber von der IHK und er fügte hinzu: „Wir müssen aber daran arbeiten, damit wir gemeinsam dem Entwicklungs- und Anpassungsdruck standhalten“.

Lebhaft war die Diskussion, die Theresa Albrecht als Vertreterin des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA eröffnete und die unter anderem die unterschiedlichen Vorgehensweisen beim Brandschutz bemängelte. Ehren-Landesbäuerin Annemarie Biechl schlug vor, für aufgelassene Bauernhöfe Nutzungsänderungen für neue Wohnraum-Beschaffung zuzulassen. Landtagsabgeordneter Klaus Stöttner bat, weiterhin auf den Mittelstand zu setzen sowie die Schulen und die Bildung zu stärken. Auf Anfrage von Bayernbund-Beirat Kurt Franz informierte Moderator Dirnberger, dass auf Landesebene ein Bürokratie-Abbau-Beauftragter eingeführt werden soll, von dem man sich viel verspreche. Roland Bräger von der Brauerei Maxlrain bat zu bedenken, dass die junge Generation anders an Verantwortung herangeht als die sogenannten „alten Hasen“, worauf Landrat Berthaler sagte: „Heute wird in Zeiten von Rechtsschutz viel mehr geklagt als früher“. Weitere Themen waren die Auflösung der Geburtenstation in Bad Aibling (Landrat Berthaler: „Geschah nicht wegen des Geldes, hier wollen wir neue Wege gehen“), der hohe Standard der Vorschriften (Bezirksrat Sebastian Friesinger: „20seitige Formulare bei Kleinkrediten oder Energievorschriften bei Ziegelsteinen, gleichwohl alte versiffte Mauern erhalten werden müssen“), die Forderung nach interkommunalen Gewerbegebieten (von Kreisvorsitzendem Peter Kasperczyk vom Bund Naturschutz), die Ausstattung von Discountern mit Tiefgaragen (von Bürgermeister Johann Schaberl als Vertreter des Trachtenverbandes) und das Wirtshaussterben (Kreisrat Peter Schrödl: „Gemeinden müssen auf Geburtstagsfeiern in Vereinsheimen einwirken“). In der abschließenden Schlussrunde resümierte der Bayernbund, dass eine Verminderung der Bürokratisierung von Nöten sowie mehr Selbstbestimmung der Kommunen und Gemeinden erforderlich sind.

Text: A. Hötzelsperger, Fotos: Norbert Zehrer